Infrarot ohne Raureif-Effekt?

dunkler Himmel

Wer sich schon mal ein bisschen mit Infrarot-Fotografie befasst hat, der kennt natürlich den plakativen Effekt schlechthin: Raureif im Hochsommer; gemeint ist der Wood-Effekt, der Blattgrün im nahen Infrarot schneeweiß erscheinen lässt.

Tatsächlich lebt der Wood-Effekt vor allem vom direkten Sonnenlicht, weil er durch Reflexe innerhalb der enzelnen Zellen des Blattes entsteht. Nur direktes Sonnenlicht ist stark gerichtetes Licht, während das Licht bei bedecktem Himmel an trüben Tagen sehr weich und schattenfrei ist. Der Wood-Effekt kommt dann nur wesentlich schwächer zur Geltung.

Viele Fotografen sind dann enttäuscht: »Ach Mensch, das ist aber gar kein gutes Infrarot-Licht heute!«

Ich sehe das überhaupt nicht so. Aus welchem Grund sollte man Infrarot-Fotograf mit aller Gewalt immer nur auf diesen einen Effekt reduzieren, nur weil er halt so plakativ ist und sofort ins Auge springt? Mein Eindruck ist: Dahinter steht der dringende Wunsch Bilder zu erzeugen, denen jeder sofort ansieht, dass da irgendetwas nicht Alltägliches im Spiel war. Man möchte, dass jedes infrarot aufgenommene Bild auch unbedingt als solches erkannt wird. Warum? Weil eben doch eine Portion Mühe und spezielles Können dafür nötig ist.

Kommen Sie weg von dieser unsinnigen fixen Idee!

Es geht nicht darum allen IR-Bildern immer den Stempel so drastisch aufzudrücken, dass die eingesetzte Technik sofort jedem ins Auge springen muss. Worauf es ankommt ist das Bild als Endprodukt und dass dieses Ihrer Bildidee optimal entspricht.

Selbstverständlich sieht das infrarot aufgenommene Bild auch ohne direktes Sonnenlicht nicht genau gleich aus wie ein ganz normales Schwarzweißbild. Nur ist der Unterschied nicht so krass wie bei Sonnenschein. Deshalb wird die IR-Aufnahme mit nur schwachem Wood-Effekt nicht sofort als solche erkannt, weil eben vor allem die Unwissenden meinen, der müsste automatisch in voller Stärke immer vorhanden sein. Ich weiß ja nicht, was Ihr Ziel ist bei Ihrer Fotografie. Meines sind in erster Linie ausdrucksstarke Bilder, auf die der Betrachter nicht nur zwei Sekunden schaut. Ich möchte die Aufmerksamkeit einfangen. Ob mir das nun mit normaler Aufnahmetechnik gelingt oder mit Infrarot, das ist mir ehrlich gesagt ziemlich schnurz-piep-egal.

Deshalb mag ich auch gerade die »getarnten« Infrarotbilder, weil sie eben doch oft eine Stimmung mit rüber bringen, die die normale SW-Aufnahme allein nicht hätte. Probieren Sie's mal aus!