Fototipp Juni 2015:
Ungewöhnliche Lichtstimmungen
Es macht mir großen Spaß immer wieder nach ungewöhnlichen Lichtstimmungen Ausschau zu halten und fotografisch damit zu experimentieren.
Einerseits ist dafür natürlich ein waches Auge nötig, weil man Kleinigkeiten ja leicht übersieht und achtlos daran vorbei geht. Den aufmerksamen Blick kann man aber trainieren. Sich Zeit lassen und ein zweites Mal genau hinschauen ist eine weitere gute Voraussetzung. Das gilt aber meiner Meinung nach generell für die Fotografie.
Spannend finde ich oft die Ausarbeitung nachher am Bildschirm (natürlich RAW fotografieren!), weil man sich ja nur selten noch genau an die Situation bei der Aufnahme erinnert. Ist aber auch nicht nötig, meine ich. Warum soll man nicht einfach ein paar Versuche machen und sich so an den Weißabgleich heran tasten, der einem am besten gefällt! Ich hab's schon oft gesagt: Meine Fotografie verstehe ich nicht als akribisch genaue Dokumentation, sondern als einen Prozess, bei dem ich große Freiheiten habe. Und die will ich auch nutzen.
Oft ist die Beleuchtung in Kneipen ein fotografisch reizvolles Motiv, weil ja meistens kein grelles Licht zum Einsatz kommt, sondern eine Lichtart gewählt wird, die die Gemütlichkeit der Kneipe unterstreichen soll.
Je spärlicher das interessante Licht, umso mehr ist natürlich ein lichtstarkes Objektiv von Nutzen, weil ja auch die Verwendung eines Stativs nicht immer eine brauchbare Lösung ist. Eine längere Belichtungszeit hätte hier zum Beispiel dazu geführt, dass die Lichtpunkte als Wischspuren abgebildet worden wären (was vielleicht auch mal einen Versuch wert wäre, denke ich mir gerade).
Die »blaue Stunde« kann vor allem dann fotografisch sehr interessant sein, wenn zusätzlich zum restlichen Tageslicht auch warmtonigere Kunstlichquellen eine Rolle spielen, wie hier auf dem Bild oben zu sehen. Wie man den Weißabgleich dann bei der Ausarbeitung genau abstimmt, das ist selbstverständlich wie so oft Geschmackssache. Ist aber nicht schlimm, denn dank RAW kann man die Entscheidung ja in aller Ruhe zurückgelehnt vor dem Computer-Monitor treffen. Längst vorbei sind schließlich die Zeiten, wo der Fotograf früher mit Film schon vor der Aufnahme entscheiden musste, welchen Korrekturfilter er verwenden wollte (oder die Wahl zwischen Tageslichtfilm und Kunstlichtfilm hatte).
Man kann auch heute mit der Digitalkamera ja bekanntlich schon vor dem Druck auf den Auslöser den Weißabgleich angepasst einstellen. Das ist aber völlig belanglos, wenn man RAW fotografiert. Es spielt nur dann eine Rolle, wenn man JPG-Aufnahmen macht. Für mich kommt das aber nicht in Frage.