Fototipp November 2014:
Landschaft im Nebel
Eigentlich war ich schon drauf und dran, ein anderes Thema für den November-Fototipp zu nehmen, damit ich pünktlich zu Monatsbeginn die Seite fertig gehabt hätte. Dann dachte ich mir aber: So ein Blödsinn, sich einem rein formalen Druck auszusetzen (schließlich sollen die monatlichen Fototipps nun mal halbwegs pünktlich zu Monatsbeginn online sein...), wenn ich doch eigentlich schon was Anderes vorgesehen hab, zu dem halt noch die geeigneten Bilder fehlen. Und ich finde, diese Entscheidung war gut, denn vorigen Freitag im Thüringer Wald, wo ich auf dem Weg zu einem Kurstermin in Magdeburg durch kam, gab's die schönste Nebelstimmung, die ich mir nur wünschen konnte!
Für Nebelaufnahmen braucht man Geduld, wenn sie nicht nur ein schlechter Kompromiss sein sollen. Der Nebel lässt sich ja nun mal nicht auf Bestellung her zaubern, und - noch viel häufiger der Fall, finde ich - zusätzlich kommt er halt oft am falschen Ort vor. Meine bisherigen Versuche waren enttäuschend (ja, ich geb's zu: Frühaufsteher bin ich halt gar keiner...).
Ich wollte für mein Monatsthema nicht einfach "Nebel mit irgendwas" haben, sondern es sollten Landschaftsbilder sein. Eigentlich dachte ich, dass ich das gestalterisch schon im Griff haben werde. Aber so einfach ist das gar nicht: Damit der Nebel gut zur Geltung kommt, braucht das Motiv ausreichend viel räumliche Tiefe. Wieviel genau, das hängt natürlich davon ab, wie dicht der Nebel ist. Wenn man aufmerksam genug hinschaut (was vor allem bedeutet: sich Zeit lassen und auf die Feinheiten der Lichtstimmung achten), merkt man bald, dass eine lange Brennweite keine so gute Wahl ist. Auch Objekte, die 20 oder 30 Meter weit weg sind, können oft einfach schon zu viel Nebelwirkung abbekommen.
Ein Landschaftsbild im Nebel wirkt nur »soßig und flau«, wenn der Nebel alles dominiert. Wichtig ist deshalb ein Vordergrund noch außerhalb der kräftigen Nebelwirkung. Das Auge braucht »was zum Festhalten«, damit die mit der Entfernung rasch zunehmende Nebelwirkung entsprechend zur Geltung kommt. Der Fotograf muss also darauf achten, dass der Nebel glaubwürdig rüber kommt. Die Bildwirkung darf nicht in den Verdacht kommen, dass nur der Kontrastregler weit runter gedreht und das Objektiv einfach angehaucht worden ist. In beiden Fällen würde man das daran erkennen, dass das Weiche und Unscharfe sich gleichmäßig durchs Bild zieht und nicht mit der Raumtiefe zunimmt.
Es ist gar keine schlechte Idee erst mal die Kamera beiseite zu lassen und für die Nebelstimmung ein Gespür zu entwickeln: Schätzen Sie Ihr Motiv kritisch ein. Tut ihm der Nebel gut, oder leidet es vielleicht doch eher darunter? Das ist nämlich gar nicht so selten der Fall. Dass ein Objekt im Vordergrund wichtig ist, hab ich ja schon erwähnt. Es sollte aber nicht was Beliebiges sein, das Sie nur deshalb wählen, weil es grad an der passenden Stelle steht, sondern es sollte nicht grad ein Fremdkörper sein, der mit der Hintergrundszene nicht recht zusammen passen will, und jetzt durch seine Position im Vordergrund auch noch besonders betont wird. Seien Sie da lieber etwas kritischer als nötig. Es wird Ihrem Bild gut tun.
Weil man mehr im Weitwinkelbereich arbeiten muss, ergibt sich vor allem im Wald ein kleines Problem, das man auch nicht übersehen sollte: Man hat oft einen gestalterisch nicht optimalen, sehr unruhig wirkenden Hintergrund. Ich habe viele eigentlich schöne Perspektiven deshalb verworfen. Aber auch hier gilt: Aufmerksam hinschauen, und oft wird's schon deutlich besser, wenn man nur ein oder zwei Schritte zur Seite oder etwas näher ran geht.