Fototipp März 2013:
Ausdruck der Ruhe und Stille
Thema des vorigen Monats (jetzt im Archiv zu finden) waren Bilder mit Mysterien gewesen. Mit dem Fototipp des Monats März möchte ich daran anschließen und dazu einladen auf einen besonderen Aspekt bei der Entwicklung der Bildidee und der gestalterischen Umsetzung zu achten.
Ein Ausdruck der Ruhe ist es, den ich dieses Mal in meinen Bildern suchen möchte.
Das Bild links habe ich 1985 fotografiert, damals mit meiner noch relativ neuen Mittelformat-Kamera Mamiya RB67. Das war eine Kamera, die den Gedanken an schnelles Arbeiten von vorn herein gar nicht aufkommen ließ: klobig und schwer und langsam in der Bedienung. Den Film um ein Bild weiter transportieren und den Verschluss neu spannen waren zwei getrennte Vorgänge. Zwischen zwei Aufnahmen lagen allein schon dadurch als Minimum 5-10 Sekunden. Schnelles Fotografieren schied auch schon deshalb aus, weil auf einem 120er-Rollfilm nur Platz für 10 Aufnahmen war. Jeder Filmwechsel war eine Angelegenheit von mehreren Minuten. Eine solche Kamera war also bestens dafür geeignet, um den Fotograf zu ruhigem und vor allem aufmerksamem Arbeiten zu erziehen.
Das hat mich nie gestört, sondern im Gegenteil: Ich fand diese Art des Arbeitens angenehm und für mich genau passend. Obwohl nicht immer nötig habe ich damals meistens ein Stativ benutzt. Für den Lichtschachtsucher, bei dem man ja alles seitenverkehrt sieht und gestalterisch umdenken muss, ist die zusätzliche Ruhe angenehm, die das Stativ rein bringt.
Zwischen dem obigen Bild und dem hier rechts liegen ziemlich genau 20 Jahre. Es ist nicht mehr mit der RB67 fotografiert, sondern längst war ich auf digital umgestiegen. Kleines Kuriosum am Rande: Mein Stativ (ein großes gelbes Vermessungsstativ aus Holz, aber mit robusten eisernen Fußenden) war immer noch das gleiche, aber für die Digitalkamera dann doch nicht mehr soooo praktisch.
Bei längerem Hinschauen finde ich, dass sich die beiden Bilder trotz den 20 Jahren Abstand und dem doch sehr unterschiedlichen Werkzeug für die Aufnahme auf eine gewisse Weise erstaunlich ähnlich sind:
Es ist nicht nur die Ähnlichkeit des Raumes und der fast gleiche Bretter-Fußboden. Die Gemeinsamkeit empfinde ich vor allem in der Atmosphäre der Ruhe. Mehr sogar: Ich kann mir beide Szenen nur in fast völliger Stille vorstellen.
Zu dieser Stille-Atmosphäre gehört auch, dass der Fotograf bei beiden Bildern ein Außenstehender bleibt: Beim einen durch die Sitzhaltung mit verdecktem Gesicht und nach unten gewandtem Blick, beim anderen durch die nach oben, zum Licht hin gerichtete Aufmersamkeit. Der Fotograf ist anscheinend nur stiller Beobachter und hält eine gewisse Distanz, meint man. - Dass das nicht der Wirklichkeit entsprach, stört mich dabei nicht. Beide Bilder sind natürlich gestaltete Aufnahmen und Ergebnis einer klaren Regie.