Fahrfreude im alten Diesel

Nein, ich bin keiner von denen, die über alles gleich Bilanz ziehen müssen. Über eine aktuelle Erfahrung denke ich aber gerne ein bisschen nach. 

Der aktuelle kleine Bergurlaub war die erste etwas längere und weitere Fahrt mit einem meiner „richtig Alten“. Und auch das kam nur spontan zustande, weil ja der Bus gerade out-of-order ist. Es war also eine eher zufällige Erfahrung.

Ich muss sagen, dass das einige Gedanken angestoßen hat: Das 58 Jahre alte Auto ist einfach vom Charakter etwas ganz Anderes. Es kommt das echte „Oldie-Feeling“ auf. Das war mir so gar nicht bewusst. Es sind alberne Kleinigkeiten, aber sie spielen eine Rolle: Schon die heute ungewohnte Start- und Abstell-Prozedur gehört dazu.

Die spärlichen 43 PS stören schon bald kein bisschen. Und tatsächlich kommt man auf der Landstraße die meiste Zeit absolut genau so schnell vorwärts wie mit einem modernen Auto auch, denn 100 km/h sind ja kein Problem. Okay, überholen kommt fast nie in Frage – aber was soll’s schon!?

Der Ponton hat ein Fahrwerk aus den 50er Jahren. Man kommt natürlich viel früher an den Grenzbereich heran, aber dafür ist der auch enorm breit. Das bedeutet, dass man einfach viel früher einen Bereich erreicht, der zwar noch völlig harmlos ist, aber man muss doch „schon was tun“. Heißt konkret z.B. öfter am Lenkrad korrigieren und die nächste Kurve eben auch bewusster ansteuern. Dann fängt es an wirklich Spaß zu machen ohne dauerndes Bremsen und sinnloses Rauf-und Runter-Schaltern vorwärts zu kommen. Man muss nicht ängstlich sein. Das Auto verhält sich nicht bösartig. Sich durch viele Kurven nacheinander durchzuschlängeln ist ein Genuss, weil man eben doch aufmerksam sein muss, damit es „harmonisch flutscht“. Mir macht das einen enormen Spaß, ohne dass es gefährlich wird.

Ich erinnere mich an den 1955er Opel Kapitän, den ich vor vielen Jahren mal hatte. Der hatte ein richtiges „Ami-Fahrwerk“: sehr weich bequem gefedert, aber die Lenkung schwammig wie sonst was. Da war man schon bei 80 dauernd am „Rudern“, um den Kurs zu halten. War zwar auch ganz lustig, aber kein Vergleich mit dem Ponton.

Das Fahren auf der Landstraße macht mit dem 180 D besonders viel Freude. Autobahn ist langweilig, weil da bei maximal 110 einfach nichts geboten ist. Man kann sich gemütlich zurücklehnen, hat aber einfach nichts zu tun außer rechtzeitig Ausschau nach der nächsten Lücke zu halten, damit man ohne den Schwung zu verlieren einen LKW überholen kann. Vorausschauend fahren ist aber auch hier angesagt: Jeder moderne gut motorisierte LKW ist heute stur mit 85-90 unterwegs, egal ob bergab oder bergauf. Es ist deshalb keine gute Idee an einer auch nur leichten Steigung überholen zu wollen, denn man würde mit 43 PS kläglich neben dem LKW „verhungern“. Man kriegt aber bald genug Gefühl dafür und es passiert nicht mehr.

Ich war jetzt ja auch auf etlichen Passstraßen unterwegs. Der Motor der 180 D (OM 636) ist ein ausgeprägter Langhuber (75×100). Entsprechend nieder ist die Maximaldrehzahl (3600 1/min). Auch wenn der Motor gewiss kein Kraftprotz ist, hängt er aber an Steigungen doch recht gut am Gas. Er mag aber nicht gequält werden. Ich schalte an Steigungen immer frühzeitig zurück, dann gab es auch an heißen Tagen nicht die geringsten Temperaturprobleme.

Fazit

Ja, ich mag alte Technik und fahre gerne mit alten Autos. Wenn man sich die Fahrtstrecke mit Überlegung aussucht, macht es wirklich Spaß. Schön fand ich auch, wie viele nette Bekanntschaften macht. Ich denke mir gerade, dass mir ein Auto noch eine Baureihe älter bestimmt auch sehr gut gefallen würde (zum Fahren, nicht nur zum Angucken!). Ich hab aber wirklich genug alte Autos – also keine Dummheiten machen! Vielleicht trenne ich mich aber mal vom einen oder anderen Auto meiner kleinen Sammlung, und dann darf natürlich neu nachgedacht werden. Momentan aber noch kein Bedarf.

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