Schaler Geschmack im Buchhandel

Ich bin ja auch als so genannter freier Buchautor tätig. Das ging nicht von mir aus, sondern ich wurde vor etlichen Jahren von einem Verlag angefragt, ob ich nicht ein Buch zum Thema Digitale Infrarotfotografie schreiben möchte. Auch wenn man es nicht auf den ersten Blick sieht: Der Buchhandel ist inzwischen in Bewegung geraten, mehr als man vielleicht glaubt.

Erst mal vorneweg: Ich muss nicht von meiner Autorentätigkeit leben, und ich könnte das finanziell auch nicht. Insofern kann ich alles mit einer gewissen Distanz betrachten. Das bedeutet aber nicht, dass mir das alles völlig gleichgültig wäre.

Wer davon träumt selbst Bücher zu schreiben (ich beschränke mich hier auf die klassischen gedruckten Bücher, also Print) und vielleicht mit seiner Idee bei Verlagen hausieren geht und mit viel Glück tatsächlich einen Verlag findet, der sein Buch haben möchte, der wird feststellen, dass nur ein sehr kleiner Teil des Buchpreises tatsächlich an den Autor geht. Ganz so überraschend finde ich das auch nicht, denn der Buchhandel muss natürlich seinen Anteil bekommen, um existieren zu können, und dass auch für den Verlag nicht unwesentliche Kosten anfallen (Lektorat, Korrektur, Layout, Druck, Vertrieb, Werbung…), das ist gut nachvollziehbar.

Ich möchte mich dem Thema Verlag näher zuwenden: Jeder der einzelnen Posten, die ich da aufgeführt habe, kann sehr unterschiedlich umfangreich und vor allem sorgfältig ausgestaltet sein. Zum Beispiel kann am Druck stark gespart werden, je nachdem, wo und wie hochwertig gedruckt wird. Ich habe zum Glück bei meinen Produkten keine Katastrophe erlebt, aber dass ein durchgängiges Farbmanagement, wie es eigentlich schon lange Standard sein könnte, wohl eher die Ausnahme ist, das scheint noch immer „ganz normal“ zu sein. Ich weiß, dass auch andere Autoren bei anderen Verlagen keine andere Erfahrung machen. Nun ja.

Ein Punkt, auf den man als Autor ja fast gar keinen Einfluss hat, ist die Werbung. Der Autor sieht davon nur die nach außen wahrnehmbare Oberfläche, ergänzt eventuell um die Aktivitäten, wo er selber einbezogen wird. Ich war als Referent auf der Photokina und auf den Weidener Fototagen, wo der Verlag, mit dem ich ursprünglich zu tun hatte, mit eigenen Ständen präsent war. Keine Frage, das kostet einen Batzen für den Verlag, und ob es sich unterm Strich dann lohnt, das kann ich natürlich nicht wissen. Es liegt aber auf der Hand, dass solche Öffentlichkeitsarbeit entscheidend dazu beiträgt, wie sehr ein Buch in der (in meinem Fall Foto-) Szene wahrgenommen wird.

Die Buchpreisbindung

In Deutschland, Österreich und einigen weiteren Ländern sind Bücher schon seit sehr langer Zeit preisgebunden. Dahinter steckt die Absicht zu verhindern, dass durch unterbietende Preiskämpfe kleinere Buchhandlungen von Markt verdrängt werden. Durch die Buchpreisbindung ist gewährleistet, dass ein aktuell lieferbares Buch in jeder beliebigen Buchhandlung den exakt gleichen Preis hat. Die Preisbindung ist aber auch für Autoren wichtig, da sie ja fast immer einen mit dem Verlag vertraglich festgelegten Prozentsatz des Handelspreises erhalten. Wenn der Preis eines Buches frei wäre, würde das bedeuten, dass ein Autor noch viel weniger abschätzen könnte, welchen Erlös er mit seiner Arbeit wenigstens ungefähr erzielen wird. Der freie Buchpreis würde nämlich dazu führen, dass Bücher, die nicht mehr die Verkaufserwartungen erfüllen, bald extrem billig „verramscht“ würden.

Aufhebung der Preisbindung

So schön die Buchpreisbindung auf den ersten Blick auch erscheinen mag: Die Angelegenheit hat einen Pferdefuß. Die gesetzliche Regelung erlaubt dem Verlag nämlich schon nach mindestens 18 Monaten die Preisbindung für einen Titel aufzuheben. Der Autor hat kein Einspruchsrecht. Das hat heute oft zur Folge, dass ein Buch, das noch gar nicht sehr lange auf dem Markt ist, nur die ersten anderthalb bis zwei Jahre normal vermarktet wird und die dann noch vorhandene Restauflage nach Aufhebung der Preisbindung durch den Verlag für einen absolut lächerlichen Preis verramscht wird und in kurzer Zeit vom Markt verschwindet. Und da in einem Buch eine Menge Arbeit drin steckt, kann kein Autor davon begeistert sein, wenn das Produkt seiner Mühe eine so kurze Lebensdauer zugemessen bekommt!

Mal angenommen ein Buch wird in einer Auflage von 2000 Exemplaren gedruckt und der Verlag verfolgt – aus welchen Gründen auch immer – eine Geschäftspolitik, die darauf ausgerichtet ist, den Erlös so schnell wie möglich zu erwirtschaften. Dann wird nach Ablauf der Mindestzeit von 18 Monaten wahrscheinlich erst ein Teil der Auflage verkauft sein – sagen wir mal, weniger als die Hälfte. Der Rest wird verramscht. Für den Autor hat das zur Folge, dass er mit seiner in das Buch investierten Arbeit plötzlich nur halb so viel verdient wie er urprünglich erwartet hatte. Herunter gerechnet auf die von ihm in das Buch gesteckte Zeit kommt auf diese Weise ruckzuck ein rechnerischer Stundensatz heraus, der weit unter jedem Mindestlohn liegt; im ungünstigen Fall kaum mehr als ein 1-Euro-Jobber verdient.

Es trifft aber nicht nur die Autoren, sondern das hat weiter reichende Folgen. Es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis einem solchen Verlag der größte Teil seiner Autoren abspringen wird. Übrig bleiben nur diejenigen, die rein just-for-fun Bücher schreiben. Ob das dann gerade auch die Autoren sind, die durch qualitativ anspruchsvolle Arbeit glänzen? Na, vielleicht…

Ich sehe aber noch einen weiteren Effekt: Bücher sind ja meist nicht tagesaktuell wie eine Zeitung. Es ist deshalb nicht weiter schlimm, ob man sich ein Buch gleich nach dem Erscheinen kauft oder vielleicht erst zwei oder drei Jahre später. Ich komme hier in Rottenburg jeden Tag bei der Filiale von Osiander vorbei. Die haben ständig mehrere Wühltische mit Büchern draußen stehen, die alle weit unterm ursprünglichen Preis zu haben sind (na klar: Buchpreisbindung aufgehoben!). Die Auswahl ist dabei so groß, dass man lange stöbern kann. Ich kaufe selber dort öfters was. Schon manchmal waren Bücher drunter, die ich mir auch zum urprünglichen Ladenpreis gekauft hätte, wenn ich vorher schon drauf aufmerksam geworden wäre, und nicht erst jetzt in der Grabbelkiste. – Soll das wirklich der Sinn der Sache sein, auf diese Weise einen fast schon zweiten Markt zu betreiben mit Dumpingpreis-Büchern, die noch keine fünf Jahre alt sind?

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