Eine Frage der Einstellung

Ich hatte vor ein paar Tagen ein ganz gutes Kneipengespräch: Es ging um das Thema Arbeit und die Frage, wie viel Sinn man in seiner Arbeit sehen muss um sie als befriedigend zu erleben und sie gern zu tun.

Das Thema kann man sehr weit und anspruchsvoll fassen (dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man aus seinem Job nicht viel Befriedigung ziehen wird können), oder man geht ganz bescheiden dran, sieht seine Arbeit als etwas, das einfach zum Leben dazu gehört und freut sich an kleinen Erfolgen.

Mir ist in dem Gespräch mal wieder klar geworden, dass ich mich sehr schwer tun würde nach inzwischen mehr als 20 Jahren als „selbständiger Einzelkämpfer“ in einen Job zurück zu kehren, wo ich angestellt in eine feste Hierarchie eingebunden arbeiten müsste. Ich bin es einfach so selbstverständlich gewöhnt, dass ich meine Ideen unmittelbar einbringen kann ohne das erst mit jemand absprechen zu müssen.

Diese Arbeitsweise hat ganz klar ihre Nachteile. Ein gravierender ist z.B. der, dass natürlich die Kapazität dessen, was man sinnvoll angehen kann, sehr begrenzt ist. Das hat mir lange Zeit gar nicht gefallen und ich habe Wege gesucht, um das zu ändern (Kooperationen beispielsweise). Inzwischen finde ich es aber gar nicht mehr schlimm allein nur eine kleine Nische füllen zu können. Das Gefühl ist: Das ist meine Nische, und die kann ich so ausgestalten, wie ich es gut finde! Deshalb mache ich meine Arbeit bis auf sehr wenige Kleinigkeiten und Augenblicke fast immer recht gerne. Die Vorstellung, möglichst bald in den Ruhestand zu gehen und eben nur noch endlose Freizeit zu haben, ist für mich nicht attraktiv.

Ich habe mich nach diesem Gespräch an eine kleine Begebenheit erinnert, die schon Jahre zurück liegt: Ich hatte was auf dem Finanzamt zu erledigen und musste eine Weile warten, weil mein Sachbearbeiter gerade telefoniert hat. Sein Kollege am Nachbartisch hatte vor sich einen großen Haufen teilweise zusammengeknüllter Post-It-Zettelchen liegen, die er gewissenhaft in zwei Gruppen aufgeteilt hat. Ich hab neugierig hingeschaut, weil ich mich gewundert hab, was er da macht. Er hat’s mir dann erklärt: Obwohl er seinen Kollegen immer wieder sagt, dass sie doch bitte mit Bleistift schreiben sollen, verwenden viele doch Kuli. Der eine Zettelhaufen sind die mit Kuli geschriebenen. Die kommen ins Altpapier, weil unbrauchbar. Der andere (kleinere) Haufen sind die mit Bleistift beschriebenen Zettel. Die streicht er nachher wieder glatt, radiert sie aus und macht wieder Post-It-Blöckchen draus!

Ich muss ihn wohl ziemlch blöd angeguckt haben, weil ich das kaum glauben konnte. Er hat mir dann aber eine ganze Schublade voll solcher Recycling-Blöckchen ganz stolz gezeigt. Ich hab ihn gefragt, ob er denn nicht auch meint, dass das recht teure Blöckchen sind, wenn man seine Zeit und sein Gehalt berücksichtigt. Die Antwort kam aber sofort ohne Zögern: „So können Sie das nicht rechnen. Ich bin doch eh da!“

Dieser Mann hatte also keine Zweifel beim Sinn seiner Arbeit…

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