Weil die Leitung der Einspritzpumpe nicht so schnell zu beschaffen war, bekam ich für eine Woche einen Mietwagen: einen Golf Diesel 8 Variant, also ein Fahrzeug neuester Generation.
Was gibts dazu zu sagen? Erst mal das Lob: Mit 4,7 Liter / 100 km war er wirklich beeindruckend sparsam, obwohl ich nicht extrem langsam gefahren bin. Ja, man sitzt nicht unbequem und es gibt ausreichend Platz. Ist wirklich kein Kleinwagen-Feeling. Entspanntes Reisen.
Aber die Schattenseiten: Ich bin so ein Auto ja ganz und gar nicht gewöhnt. Es hat mich fast wahnsinnig gemacht mit seinen pseudo-intelligenten Features, die sich andauernd irgendwo „reingemogelt“ haben! Na klar, wahrscheinlich wird man wohl viel davon auch abschalten können, wenn man es nicht haben will. Ich hatte aber ganz bestimmt keine Lust erst lange Bedienungsanleitung zu studieren. Es gibt ein großes Display, das man per Touchscreen bedient. Wenn man in die Einstellungen reingeht, befindet man sich in einem für mein Empfinden ausgesprochen unübersichtlichen Menü-Wirrwarr. Ich hab’s deshalb sehr schnell sein lassen darin irgendwas rumzuklicken. Ich wollte ja nicht die Bedienung erlernen, sondern bloß möglichst ungestört von Eisenach nach Rottenburg und paar Tage später wieder zurück fahren. Also hab ich die Voreinstellungen eben akzeptiert der Einfachheit halber.
Mir ist klar, dass wahrscheinlich viele Leser, die moderne Autos gewöhnt sind, drüber lachen werden. Geschenkt. ICH bin es nicht gewöhnt! Am meisten verunsichert hat mich, dass das Auto immer wieder „ins Lenkrad eingegriffen“ hat, verbunden mit einer Warnung auf dem Display beim Spurwechsel. Irgendwann hab ich dann doch kapiert, dass ich wohl zuerst blinken soll und dann mit dem Spurwechsel beginnen. Nur so kam kein Eingriff und keine Warnung. Ich hab mich dadurch aber ausgesprochen unsicher gefühlt, weil ich einfach nicht gewöhnt bin, dass ich das Lenkrad leicht nach links einschlage, das Auto aber stur gradaus weiter fährt und mich anmeckert, dass ich gefälligst die Spur halten soll.
Ich hatte das Gefühl, dass wir uns einfach nicht verstehen, der Fahrer und das Fahrzeug. Und das lässt absolut kein Gefühl der Sicherheit bei mir aufkommen.
Zugegeben: Man kann mir vorhalten, dass ich halt automäßig nicht auf der Höhe der Zeit bin. Dem stimme ich gerne zu. Ich fahre auch heute noch gerne Auto (wenn man grad mal nicht wieder im Stau steht…), aber ich bin inzwischen froh, dass das Fahren nicht mehr einen großen Anteil meiner Arbeitszeit ausmacht, seit ich viel per Videokonferenz abwickeln kann. Ich weiß es zu schätzen, dass ich so unabhängiger geworden bin. Wenn ich jetzt ins Auto steige, dann kann ich mir viel öfter aussuchen, WANN und WO ich fahren will (d.h. ich kann Staus besser aus dem Weg gehen, und das ist sehr gut so). Das Fahren hat wieder mehr Lustcharakter. Dazu gehört aber auch, dass ich mich in meinem Auto wohl fühlen möchte. Meinetwegen, dann bin ich eben altmodisch – aber ein pseudo-intelligentes Auto wie der Golf 8, das ein ausgeprägtes Eigenleben hat, das mir ständig irgendwo in die Quere kommt: Darin fühle ich mich nicht nur nicht wohl, sondern auch nicht sicher!
Es war mir ein Genuss, als ich den Golf abgeben und wieder in meinen 180 D Baujahr 1961 einsteigen konnte. Alles geht langsamer und geruhsamer, aber ein entspanntes Reisefahrzeug ist es auch heute noch. Und schießlich bin ich ja nicht auf der Flucht…
Autonomes Fahren
Ich mache mir in diesem Zusammenhang auch gerade ein paar Gedanken zu diesem Thema. An sich finde ich die Vorstellung gar nicht unangenehm in vielen eher langweilig-lästigen Fahrsituationen (z.B. dichter und langsamer Verkehr auf der Autobahn) nicht selbst fahren zu müssen. Ich fahre gerne, aber gewiss nicht immer! Mir ist mit diesem Mietwagen aber bewusst geworden, dass ich diesem Fahrzeug einfach nicht vertrauen würde. Ich meine, dass dem Thema Vertrauen hohe Bedeutung zukommt. Sobald ich das Gefühl hätte, dass mein Auto beim autonomen Fahren Fehler macht, würde ich diese Funktion natürlich nicht mehr nutzen!
Womit wir bein Thema Künstliche Intelligenz (KI) angelangt sind. Ich habe mich schon vor vielen Jahren damit befasst und finde es faszinierend. Längst hat sich viel getan. Das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop leistet wirklich sehr Beeindruckendes auf dieser Grundlage, und ich nutze das sehr gerne. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied: Wenn ich eine KI-basierte Photoshop-Funktion aufrufe und eben doch (wenn auch immer seltener) Unsinn rauskommt, macht das nichts aus, weil ich einen Schritt zurück gehen und alles von Hand ausführen kann. Im Straßenverkehr sieht das aber ganz anders aus: ein „KI-Missverständnis“ kann sehr drastische Konsequenzen haben!
Ein Beispiel: Als ich mit dem Golf 8 unterwegs war, habe ich eine Abbiegung etwas spät bemerkt und deshalb etwas heftiger als sonst gebremst. Die KI des Golf hat daraus eine von mir niemals beabsichtigte Vollbremsung gemacht. Okay, kann man sagen, besser so als andersrum. Aber bekanntlich ist gut gemeint ja oft das Gegenteil von gut gemacht., Ja, es ist natürlich nichts passiert, aber ähnliche (harmlose) „Missverständnisse“ zwischen mir und dem Golf auf den zurück gelegten rund 1000 km gab es mehrere.
Um ich einem autonom fahrenden Auto anzuvertrauen, wäre für mich absolutes Vertrauen in sein Verhalten die Grundvoraussetzung. Der Golf 8 wäre davon meilenweit entfernt!