Vor ein paar Tagen hatte ich ein ganz interessantes Gespräch mit einem begeisterten Hobbyfotograf, der gerade mit einem ganzen Stapel an Prospekten und Tests des Weges kam.
Es stellte sich raus, dass er nicht etwa – wie ich im ersten Moment dachte – eine folgenschwere Großanschaffung vor hatte, sondern nur ein für ihn bezahlbares zusätzliches Objektiv kaufen wollte. Wir kamen natürlich da drüber näher ins Gespräch, weil ich neugierig war, was es wohl werden sollte.
Erste Überraschung: Das war noch nicht klar. Es stellte sich heraus (und er selber sah es auch so), dass er eigentlich mit seinen Objektiven einen recht großen Brennweitenbereich abdecken kann (von 14 mm bis zu stattlichen 600 mm bei Einsatz des ebenfalls vorhandenen Konverters). Das ist ein Vielfaches von dem, was meine Ausrüstung abdeckt.
Ich wollte wissen, was denn dann noch fehlt. Er war auf der Suche nach einem Objektiv, das natürlich als mindestens gut getestet sein sollte und einen Brennweitenbereich dazwischen abdecken sollte, weil die meisten seiner Objektive ziemlich schwergewichtig sind; mit dem Ergebnis, dass man sich dann schon überlegt, ob man zwei solcher Objektive mitnehmen möchte auf einen Spaziergang, von dem man noch nicht mal weiß, ob es „da gute Motive“ gibt.
Man sieht schon: Ideal wäre natürlich wieder mal die Eier legende Wollmilchsau, aber die natürlich in allerbester Qualität. Das Problem war jetzt, ob er sich eher für ein äußerlich kompaktes Zoom mit großem Brennweitenbereich entscheiden sollte (ein klassisches Immerdrauf eben) oder eher für ein „wesentlich Besseres und natürlich etwas Schwereres“ mit engerem Brennweitenbereich. Um das zu klären hatte er jetzt den ganzen Stapel Lesematerial geholt.
Ich wurde noch neugieriger.
Schwere Entscheidungen
Ich erfuhr, dass der Kaufpreis nicht wirklich eine Rolle spielen würde („sagen wir mal bis maximal 1500 Euro halt“), sondern allmählich eine Unzufriedenheit aufkam, weil die Ausrüstung immer größer wurde und es deshalb immer öfter vorkam, dass irgendwas daheim bleiben muss („allein schon die drei Blitze mit Zubehör nehmen ja massig Platz weg!“).
Ich hab ihn gefragt, ob er denn dann was verkaufen will, wenn er noch mehr anschafft. Nein, das auf keinen Fall! Es würde eher darum gehen, sozusagen „was Einfacheres als Kompromiss“ zusätzlich parat zu haben, das aber so beschaffen sein muss, dass „kein Motiv durch die Lappen gehen“ kann. Auch wenn es natürlich dann Qualitäts-Abstriche gibt, was natürlich schon weh tut…
Nix verpassen
Mir wurde plötzlich klar, worin der Albtraum solcher Fotografen besteht: Das Motiv aller heimlichen Träume steht plötzlich vor einem, und man hat nicht die passende Ausrüstung dabei! Schwierig wird’s dadurch, dass unser heutiger Blog-Fotograf natürlich an so gut wie Allem interessiert ist, das sich fotografisch überhaupt abbilden lässt. Das Traum-Motiv kann also von Makro bis Supertele praktisch alles verlangen. Deshalb muss auch alles davon in der Fototasche dabei sein.
Ist Fotografie Trophäenjagd?
Mich erinnern solche Fotografen sofort an die Lanfplage der Paparazzi immer dann, wenn auch nur ein Promi niederster Kategorie auftauchen könnte. Paparazzi verdienen ihr Geld damit, aber für Amateurfotografen finde ich diese Einstellung einfach nur lächerlich. Die meisten Hobbyfotografen, die dieses Trophäen-Denken zeigen, haben zwar eine bombasitsche Ausrüstung, kommen aber trotzdem nicht merklich über das Knipser-Level hinaus.
Motive finden ist nicht Trophäenjagst, sondern braucht auch eine Bildidee. Wer das nicht erkennt, wird wahrscheinlich wenig Neues bringen können.