Heute hab ich meinen 180er Diesel Baujahr 1961 wieder aktiviert. Er ist ein klassischer Kaltblüter; ein echter „Ackergaul“. Ein Brot-und-Butter-Auto. Dazu trägt der Motor OM 636 (OM steht bei Mercedes für Ölmotor – also Diesel) seinen wesentlichen Teil bei.
Die Bezeichnung „Ponton“ für die Baureihe geht darauf zurück, dass die W120 die erste Baureihe mit selbsttragender Bauweise war. Davor war die so genannte Rahmenbauweise üblich gewesen, bei der die Karosserie auf einen stabilen Fahrzeugrahmen aufgesetzt wurde.
Der Motor (OM 636) ist ein ausgesprochener Langhuber (75 x 100 mm). Das nagelnde Geräusch ist immer präsent. Nicht penetrant, aber unüberhörbar. Wenn man sich eine voraus schauende Fahrweise angewöhnt und den Schwung nicht verschenkt, kann man auch im heutigen Landstraßen-Verkehr noch ganz gut mitschwimmen. Lange Autobahnstrecken sind aber recht monoton.
Servolenkung hat der 180 D natürlich keine. Sobald das Auto aber rollt, macht das Lenken keine Mühe mehr. Die Trommelbremsen packen bei Bedarf gut zu, aber man muss schon richtig kräftig „drauf latschen“ mangels Bremskraftverstärker. Wie schnell man sich dran gewöhnt, fällt mir immer auf, wenn ich mal wieder eine Zeit lang mit dem Ponton gefahren bin. Beim Umstieg in ein moderneres Fahrzeug legt man nämlich an der ersten roten Ampel unweigerlich eine Vollbremsung hin, wenn man nicht ganz vorsichtig ist.
Man hat erstaunlich viel Platz im Ponton, auch hinten. Die hintere Sitzbank ist einige Zentimeter höher als die vorderen Sitze. Man winkelt dadurch die Knie nicht so stark an, was sich sehr positiv bemerkbar macht. Man sitzt bequem, und auch Fahrten von mehreren Stunden Dauer ermüden nur wenig.
Ein absoluter Genuss bei meinem Ponton ist das große Webasto-Falt-Schiebedach, das sich über die gesamte Dachlänge öffnen lässt. Ein Gefühl fast wie im Cabrio, aber wesentlich weniger Zugluft. Der 180er hat natürlich Lenkradschaltung, wie viele Autos aus dieser Zeit. Mir gefällt das. Ich fahre gern damit. Ich mag auch sehr die „50er-Jahre-Wohnzimmer-Atmosphäre“.
Wer sich an der schwachen Motorleistung stört, konnte natürlich auch damals schon auf den Benziner ausweichen mit zunächst 65 und später 68 PS. Die 43 Diesel-PS waren aber nicht so untermotorisiert, wie es einem heute vorkommt. Der Käfer hatte bis 1959 noch schmalbrüstige 30 PS, der Opel Rekord kam in der Standard-Ausführung mit 45 PS aus und der Ford P4 hatte bei Markteinführung 1962 auch nur 40 PS. Ich habe gezielt nach einem Diesel mit dem OM 636 gesucht, weil ich einfach Lust genau darauf hatte. Und „Entschleunigung“ kann etwas sehr Entspannendes sein.
Schon beim Einsteigen merkt man, dass man in einem Mercedes sitzt: Die Türen fallen satt ins Schloss und der Stern auf der Motorhaube springt sofort ins Auge. Man hat Platz und wird nicht von breiten Ablagefächern eingeengt. Edelhölzer sucht man beim kleinen Ponton vergeblich. Bakelit dominiert. Auch das hat aber „was Heimeligeres“ als Plastik. Und mit etwas Ballistol lässt sich auch nicht mehr so ansehnliches Bakelit bestens wieder aufmöbeln.
Eine Besonderheit ist die Startprozedur. Mit Vorglühen natürlich. Wer die genauen Schritte nicht kennt, kriegt den Ponton-Diesel nicht ans Laufen: Zuerst natürlich Zündung an. Dann den Vorglühhebel mit Kraft rechts rum drehen und festhalten, bis die Vorglühkontrolle (das „Teesieb“) leuchtet. Jetzt den Vorglühhebel rein drücken – Anlasser dreht – und loslassen, sobald der Motor regelmäßig zündet. Der Startvorgang ist eine echte Prozedur, und bei kaltem Motor dauert es eben ein Weilchen. Zum Motor abstellen Vorglühhebel mit Kraft linksrum drehen und festhalten, bis der Motor steht. Nur in dieser Stellung lässt sich die Zündung abstellen.
Der 180 D ist ein Unikum, das schon wegen der Kuriositäten einfach Spaß machen kann. Geschwindigkeit ist ein Fremdwort, aber er ist trotzdem ein bequemes Reisefahrzeug. Und wenn der Ponton dann noch ein Faltdach hat, bleiben keine Wünsche offen. Es ist ein Fahrzeug, das die Merkmale der 50er Jahre in vielen Details zeigt. Für einen sehr überschaubaren Preis ist ein zuverlässiges, sparsames und auch alltagstaugliches Fahrzeug zu bekommen – ein echter Oldtimer!