Lab hat viele Stärken

Warum das so ist, das liegt in vielen Fällen an der konsequenten Trennung zwischen dem Kanal für Helligkeit und den beiden Farbkanälen, denn es kommt viel häufiger vor als man denkt, daß man gerne einen ganz bestimmten eng gefaßten Tonwertbereich verändern möchte. Wir neigen nämlich eher dazu, in Kategorien von Lab zu denken als in RGB oder CMYK, und das seltsamerweise obwohl gerade Lab als Farbmodell einen so "sperrigen" Eindruck macht.

Die gute Nachricht: Es reicht, wenn man eine eher grobe Vorstellung vom Zusammenwirken der Lab-Werte eines Bilds hat. Um Lab interpretieren und sinnvoll nutzen zu können, sollte man folgendes wissen:

  • Der Kanal Lab enthält Information über die Helligkeit aller Bildpunkte.
  • Der Kanal a enthält Information über Intensität der Farbanteile zwischen rot und grün.
  • Der Kanal b enthält Information über Intensität der Farbanteile zwischen gelb und blau
  • Wenn man die beiden Farbkanäle a und b mit dem Werkzeug Gradationskurven betrachtet, ist genau auf der Hälfte der Neutralwert (=0) gelegen (also weder rot noch grün bei a und weder gelb noch blau bei b). Oberhalb sind negativere Werte, unterhalb positivere.
  • Je weiter weg von der Mitte der Gradationskurve, umso farbintensiver die entsprechende Farbkomponente.
  • Unterhalb der Mitte liegen rot (a) und gelb (b), oberhalb grün (a) und blau (b).

Schauen wir uns einmal an einem Beispielbild an, wie zwei ausgewählte Bereiche im Lab-Farbmodus abgebildet werden:


a-Wert b-Wert
Gras -36 +48
Stamm +2 +17

Die Werte sind etwas anders, als wir wohl erwartet hätten! Das Gras zeigt zwar tatsächlich den stark negativen a-Wert (das Grün), aber zusätzlich einen sehr ausgeprägten positiven b-Wert (also gelb). Das sagt uns, daß das Gras also eine gelbgrüne Färbung hat. Der braune Baumstamm hat einen leicht positiven a-Wert (also ein schwacher Rotanteil) und einen dezenten, aber im Vergleich doch deutlich ausgeprägteren b-Wert (also Gelb).

Damit man diese Zahlenwerte besser interpretieren kann, sollte man einen Blick auf die beiden Grafiken hier werfen, die den a-Kanal und den b-Kanal darstellen. Es fällt sofort auf, daß es sich um andere Farben handelt, als wir sie aus dem RGB-Modus kennen. Das "Rot" im a-Kanal ist eher ein Magenta, und das "Gelb" im b-Kanal ist längst nicht so zitronengelb, wie man es wohl erwarten würde. Wenn wir diese Farben zu Grunde legen, werden die Zahlenwerte schon eher nachvollziehbar:

In der Mitte ist jeweils der Wert 0. Die Maximalwerte lauten +127 bzw. -128. Das Gras hat auf dieser Skala -36 vom (kalten) a-Grün und +48 vom (leicht senffarbigen) b-Gelb. Die Mischung ergibt ein deutliches Grün.

Der Stamm hat +2 vom (magentafarbigen) a-Rot und +17 vom (leicht senffarbigen) b-Gelb. Die Mischung ergibt einen graubraunen Ton.

Weder Gras noch Stamm aus unserem Bild enthalten einen Blauanteil im Lab-Modus.

Hier sehen wir Gras und Stamm in der Gradationskurve für a- und b-Kanal eingetragen. Okay, das ist wenig überraschend, denn die Werte kennen wir ja bereits.

Interessant wird es aber, wenn wir uns an den Kurven etwas zu schaffen machen, denn die Gradationskurven muß man ja nicht zwingend als etwas Starres behandeln, sondern die lassen sich schließlich verformen! Das Gras könnte man auch im RGB-Modus mit Farbton/Sättigung leicht farblich verändern, da es durch die grüne Farbe leicht "heraus zu picken" wäre. Deshalb interessiert mich das momentan nicht weiter. Viel schwerer würde man sich aber tun, wenn man de Stamm farblich verändern wollte, ohne extra eine Auswahl zu erstellen. Im Lab-Modus alles kein Problem: Vielleicht würde es mir ja gut gefallen, den Stamm in einem satten Blaugrau erstrahlen zu lassen? Blau liegt im b-Kanal. Momentan ist der Stamm dort im positiven Bereich. Also verbiege ich die Kurve so, daß er in den negativen Bereich kommt, während aber der Wert für das Gras erhalten bleiben soll.

Natürlich könnte man die Gradationskurve im b-Kanal verbiegen, aber man würde schnell merken, daß das nicht so pflegeleicht geht, ohne daß das Gras farblich beeinflußt wird. Wir haben aber Glück: Der Stamm liegt im b-Kanal in einem Bereich, den sonst nicht viel t eilt. Also greife ich zum Zeichenstift für die Gradationskurve und zeichne einfach ein kleines Stück der Kurve ganz nach Lust und Laune!

Wenn man genau hinschaut, erkennt man teilweise auch Tonwertabrisse. Das kommt daher, weil ich mir hier keine große Mühe gegeben habe, die Kurve fortlaufend zu halten (durch entsprechendes Zeichnen kann ich das ja). Mir ging es hier nur um die Demonstration der Möglichkeit als solche.

Wenn man etwas Gefühl für den Umgang mit den Kanälen a und b entwickelt hat (ein bißchen Geduld ist nötig, weil man am Anfang meistens über das Ziel hinausschießen wird), kann man gerade mit dem Zeichenstift bei der Gradationskurve im Lab-Modus enorm vielfältig arbeiten. - Es lohnt sich, das einfach mal mit einigen eigenen Bildern auszuprobieren.

Noch ein wichtiger Hinweis

Die Gradationskurve in den beiden Lab-Farbkanälen a und b ist anders zu "lesen" als im RGB-Modus. Ich könnte bei unserem Waldbild ein wildes Gekrakel im a-Kanal anbringen, ohne daß das im Bild selber sichtbar würde. Das liegt daran, weil der gesamte Bereich, in dem im a-Kanal überhaupt etwas in unserem Bild passiert, noch unverändert geblieben ist. Im b-Kanal würde dasselbe Gekrakel sehr wohl Schaden anrichten, denn wie man dort sehen kann, würde das Gras jetzt bereits im "Krakelbereich" landen. Dafür könnte man aber die Kurve im b-Kanal in anderen Bereichen wild verformen, z.B. so wie in dem Diagramm links zu sehen. Unser Bild ist im b-Kanal nirgends außerhalb des rot markierten Bereichs "vertreten" (nicht einmal im neutralsten Tonbereich), und deshalb spielt es nicht die geringste Rolle, was die Kurve dort anstellt.

Man denkt als Lab-Neuling erst einmal nicht daran, daß der a- und b-Kanal wirklich nur reine Farbinformation enthält und keine Helligkeitsinformation (denn die befindet sich ja getrennt im Kanal Lab). Die Gradationskurve der beiden Farbkanäle ist wie ein Diagramm zu interpretieren, aus dem man herauslesen kann, was mit einem beliebigen Farbwert passieren würde - wenn er denn überhaupt im Bild vorkommt! Daß aber z.B. unser b-Kanal bei weitem nicht den gesamten möglichen Wertebereich ausnutzt, zeigt schon ein kurzer Blick in sehr unspektakuläres Grau-in-Grau. - Na klar, es ist eben wirklich nur der bescheidene Teilbereich, der im Diagramm links ja bereits rot markiert hervorgehoben zu sehen war.

Tatsächlich ist der Farbraum im Lab-Modus so gigantisch groß, daß die meisten Farbwerte außerhalb jedes druckbaren oder selbst am Monitor darstellbaren Bereichs liegen. Das führt zu kuriosen Ergebnissen, wenn man dieser Tatsache genauer auf den Grund geht, braucht uns aber hier nicht näher zu kümmern.

Übrigens kann man sich leicht einen schnellen Eindruck von den Farbanteilen eines Bildes im a- und b-Kanal verschaffen, indem man in der Kanälepalette das Auge in einem der beiden Kanäle ausschaltet. Links sehen wir unser Bild ohne den b-Anteil dargestellt, rechts daneben ohne den a-Anteil: