Mit fortschreitendem Alter – ich bin jetzt halt doch 65 – hatte ich mir vorgenommen keine Zeit mehr zu verplempern und in jedem Jahr möglichst wenigstens 2-3 Monate unterwegs zu sein. Jeder weiß, dass das aktuell nicht ganz so einfach ist. Wie gehe ich damit um?
Ich war über die Faschingstage eine knappe Woche im Elsaß und in der ersten Julihälfte für 10 Tage mit dem Bus ganz geruhsam in den Bergen unterwegs. In der Zeit dazwischen hat Corona das Reisen stark erschwert bis unmöglich gemacht. Das war natürlich nicht abzusehen gewesen. Die Haupt-Reisesaison war ja noch nie mein Ding gewesen, aber Anfang September war eine gute Woche Alpenfahrt mit einem meiner PKW-Oldies geplant und dann ab etwa Monatsmitte 4-6 Wochen mit dem Düdo-Bus Pyrenäen und spanische Nordküste.
Corona kommt da schon wieder mehr oder weniger deutlich in die Quere: Aktuelle Infektionszahlen in Frankreich lassen mich doch noch eine Woche abwarten, und ganz Spanien ist ja leider auch als Risikogebiet eingestuft. Ich will mich gewiss nicht verrückt machen lassen, aber ein ernsthaftes Risiko möchte ich doch lieber vermeiden.
Was folgt für mich daraus? Ich werde bestimmt nicht vollständig auf eine herbstliche Reise verzichten – aber auch wenn Deutschland zweifellos schöne Ecken hat, ist es einfach nicht das, wohin es mich aktuell zieht. Es wäre nur ein nicht gleichwertiger Notbehelf. Ich merke dabei, um wie viel mir inzwischen die Zeit insgesamt kostbarer geworden ist. Noch voriges Jahr bin ich alles gefühlsmäßig viel entspannter angegangen. Das Corona-Jahr 2020 ist für mich aber eine einschneidende Erfahrung: Planung ist die eine Sache, und die Realität eine ganz andere! Auch wenn ich mich momentan körperlich im wesentlichen noch recht gesund fühle, hat mir Corona aber doch sehr bewusst gemacht, dass auch morgen oder nächstes Jahr eben doch eine Krankheit oder körperliche Einschränkung den Reisegenuss stark einschränken oder sogar ganz verhindern könnte.
Es ist ein neuer Blick auf die Realität und speziell nähere Zukunft, der mir nicht wirklich gefällt. Bisher hatte ich als Grundgefühl immer noch: Ich habe sehr viel Zeit. Die neue Perspektive betont aber plötzlich: Es ist möglich, dass die tatsächlich vorhandene Zeit auch schon recht knapp sein könnte.
Natürlich war das schon immer eine Möglichkeit, aber sie schien mir weit weg. So plötzlich, wie Corona alles lahm gelegt hat, wird mir jetzt spürbar bewusst, dass das auch eine x-beliebige Krankheit sein könnte, gegen die ich eventuell genau so machtlos bin. Das ist kein schöner Gedanke, weil er das entspannte Grundgefühl erheblich verändern kann. Und das gefällt mir nicht.
Ich weiß noch nicht, wie ich damit längerfristig umgehen werde, aber ich spüre, dass gefühlsmäßig Traum und Realität doch ein ganzes Stück weiter auseinander rücken könnten. Zeit ist kostbarer geworden – das ist an sich nicht schlecht. Aber es nagt an meiner Ruhe und Gelassenheit – und das gefällt mir gar nicht.