Ich fotografiere inzwischen ja schon eine ganze Weile nur noch mit spiegellosen Kameras und mache mir gar keine Gedanken mehr darüber. Um so mehr staune ich manchmal.
Worüber ich staune? Dass es immer noch viele Fotografen gibt, die ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass eine „richtige“ Kamera ja nur eine DSLR, also Spiegelreflex, sein kann. Bin erst neulich wieder einem solchen Kandidat beim Fotografieren begegnet.
Was mir sofort ins Auge springt, das ist der enorme Größenunterschied der Ausrüstung. Ich meine das nicht zahlenmäßig (Objektive), sondern einfach bezogen auf Abmessungen und Gewicht. Meine Fuji X-Pro1 ist ja kein ganz winziges Gehäuse, aber eine DSLR daneben ist schon ein richtiger Koloss. Am Anfang beim Umstieg habe ich mir diese Gedanken gar nicht gemacht, aber es liegt einfach daran, dass durch den Spiegel im Strahlengang nicht nur die Kamera wesentlich klobiger ist, sondern die Objektive natürlich auch ein ganz anderes Auflagemaß brauchen, damit der Abstand passt. Deshalb finde ich es auch ziemlich uninteressiert, solche Objektive an eine Spiegellose zu adaptieren, weil dabei unweigerlich die schöne Kompaktheit von Kamera plus Objektiv verloren geht. Bei einer DSLR ist aber die Kamera durch den Klappspiegel nicht nur deutlich dicker, sondern das Dachkantprisma, das für den Strahlengang zum Sucher ja nötig ist, bedeutet auch nicht unerheblich zusätzliches Gewicht.
Ich kann nachvollziehen, dass man gefühlsmäßig eine „richtige, professionelle Kamera“ einfach deshalb mit Spiegelreflex assoziiert, weil das zu Analog-Zeiten eben das System war, mit dem man die meisten Möglichkeiten hatte. Ich meine aber, dass man kapiert haben dürfte, dass das inzwischen eine ganze Weile her ist und in der Entwicklung der Digitalfotografie viel geschehen ist.
Der Grund für die ganze umständliche Spiegel-Mimik war ja der, dass man auf diese Weise den direkten Blick durch das Aufnahmeobjektiv bekam. Mit Film ging das nicht anders. Bei Digitalfotografie ist das aber anders. Die Zeiten, wo LiveView ein Fremdwort war, sind schon eine Weile her. Die Technik hat sich stark verbessert (und wird es weiter tun), und das Sucherbild muss längst nicht mehr freihändig balanciert auf dem Display auf der Kamera-Rückseite hingewackelt werden, sondern ein vernünftiger digitaler Sucher kann das viel besser. Dass das Sucherbild noch nicht ganz alle Wünsche erfüllt (Helligkeit z.B.), lässt sich absolut verschmerzen und wird sicher bald vollends behoben sein (Leica kann es schon jetzt – aber der Preis halt…).
Ich hab kürzlich mal zu hören bekommen, Spiegelreflex wäre einfach deshalb überlegen, weil da der Fotograf sein Motiv genau so sieht, „wie es wirklich ist“. Ich finde, der Vorteil von LiveView oder digitalem Sucher ist doch gerade, dass ich dabei schon einen ersten Eindruck bekomme, in welche Richtung eventuell stattfindende Veränderungen gehen werden, so dass ich gegensteuern kann wenn nötig. Vor allem bei sehr wenig Licht kann das sehr wertvoll sein.
Ich bin kein „Digitalsucher-Papst“. Meine X100S und die X-Pro1 haben beide auch den normalen optischen Sucher, und wenn es hell ist, verwende ich den auch gerne. Ich weiß es aber sehr zu schätzen, dass ich wechseln kann, wie es mir grad beliebt. Grundsätzlich könnte ich mich aber auch mit einer Kamera anfreunden, die keinen normal optischen Sucher hat. Nicht infrage käme für mich aber eine Kamera, wo ich nur mit dem Display hinten an der Kamera arbeiten kann. „Freihändig“ schon gar nicht, aber auch Klapp-Dislays finde ich nicht ideal bei direktem Sonnenlicht. Ich verstehe deshalb nicht warum immer noch Systemkameras gebaut werden, die keinen Sucher haben.