Nachdem ich im ersten Beitrag ja die grundlegende Funktionsweise der Spiegellosen im Vergleich zur DSLR vorgestellt habe, möchte ich jetzt auf ein paar Details eingehen.
Für mich hängt die Alltagstauglichkeit einer Kamera ganz erheblich davon ab, wie gut das Sucherbild zu erkennen ist. Ich setze also voraus, dass die Kamera auch tatsächlich einen Sucher hat und sich nicht nur auf das Display auf der Kamerarückseite beschränkt. Ich will nicht behaupten, dass man mit einer solchen Kamera gar keine ordentlichen Bilder machen kann – aber die Arbeitsweise ohne Sucher ist eine grundlegend andere und, wie ich finde, auch bei einem sehr guten Display von Nachteilen belastet.
Der erste nicht zu leugnende Nachteil besteht darin, dass man das Display ja ein ganzes Stück weit weg halten muss, um das Bild scharf sehen zu können. Das führt oft zu einer sehr ungünstigen Körperhaltung: Man hält die Kamera notgedrungen mit halb ausgestreckten Armen in ungefähr Kopfhöhe vor dem Körper. Das ist nicht nur ermüdend und sieht reichlich albern aus, sondern man wackelt natürlich auch viel eher und muss deshalb um einiges kürzere Belichtungszeiten nehmen.
Der zweite erhebliche Nachteil besteht darin, dass man das Bild bei direktem Sonneneinfall manchmal fast nur erahnen kann, weil das Display entweder nicht leuchtstark genug ist oder weil sich alles mögliche darin spiegelt.
Ein Klappdisplay entschärft zwar das Problem der ausgestreckten Arme schon ganz erheblich und kann wirklich eine feine Sache sein, weil man dann auch unauffällig aus Bauchhöhe fotografieren kann, aber für mich ist es doch nur eine Zwischenlösung, weil bei sehr hellem Umgebungslicht die eingeschränkte Erkennbarkeit einfach stört. Ich empfehle deshalb unbedingt, dass man bei der Entscheidung für eine spiegellose Systemkamera eine mit Sucher wählt.
Sucher ist nicht gleich Sucher
Da ist zunächst natürlich zu unterscheiden zwischen dem klassischen optischen Sucher (OVF = optical view finder), wie ihn beispielsweise die M-Leica schon immer hatte, und dem elektronischen Sucher (EVF = electronical view finder). Ich denke, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis elektronische Suchersysteme so gut sein werden, dass sie die eindeutig überlegene Lösung sein werden. Momentan ist das noch nicht ganz der Fall. Typische Kinderkrankheiten waren noch leichtes Ruckeln des Sucherbilds beim Bewegen der Kamera, zu geringe Auflösung oder nicht ausreichend helles Sucherbild. Die meisten aktuellen Systemkameras mit elektronischem Sucher sind schon recht gut und man gewöhnt sich schnell dran. Es lohnt aber trotzdem, dass man ein paar Kameras ausprobiert und vergleicht.
Der Vorteil eines guten elektronischen Suchers besteht vor allem darin, dass er die Live-View-Funktion des Displays und den ungestörten Einblick auch bei hellem Umgebungslicht vereint. Der elektronische Sucher kann in der Regel wie das Display auf der Kamerarückseite verwendet werden, also auch zum Anschauen fertiger Aufnahmen.
Nicht unterschätzen sollte man den erheblichen Vorteil, den ein guter elektronischer Sucher bei Aufnahmen bei sehr wenig Licht bringt. Er wirkt dann nämlich fast wie ein Restlichtverstärker und zeigt Details, die man im optischen Sucher einfach nicht mehr erkennen würde.