Ich sag’s gleich vorneweg: Mit Fotografie hat deser Beitrag nichts zu tun. Ich fnde aber, dass er trotzdem lesenswert ist, wenn auch sicher nicht für jeden.
Gestern Nacht hab ich ein dickes Buch zu Ende gelesen: Wallenstein von Alfred Döblin. Falls Sie sich jetzt fragen, woher Ihnen vielleicht der Name Alfred Döblin bekannt vorkommt: Berlin Alexanderplatz könnte es gewesen sein, falls Sie schon etwas älter sind und noch das Glück hatten eine Zeit zu erleben, in der es sich noch lohnte Fernsehen zu gucken.
Egal, ich will jetzt keinen langen Vortrag halten, sondern auf das Buch zu sprechen kommen. Es ist dick und alt. Mehr als 700 Seiten und veröffentlicht wurde es bereits 1920. Und es ist mühsam, sehr mühsam zu lesen. Wie Vieles von Döblin, aber dieses hier ganz besonders. Obwohl ich schon viel von Alfred Döblin gelesen habe und mit seiner nicht gerade einfachen Art zu schreiben eigentlich vertraut bin, war es auch für mich ein harter Brocken. Ungefähr 200 Seiten hab ich gebraucht, bis ich mich wenigstens halbwegs rein gefunden hatte. Man sollte also wirklich reichlich Geduld mitbringen. Er schreibt nämlich eng angelehnt an die Sprache des 30-Jährigen Krieges – also 450 Jahre zurück – und, noch schlimmer, man begegnet ständig Personen, deren Namen man vielleicht, mit viel Glück, mal gehört hat, aber historisch zuordnen werden sie nur die wenigsten können. Insgesamt rund 650 Personen es sein.
Das ist Absicht, und es macht tatsächlich sogar Sinn: Man findet sich auf diese Weise ziemlich ahnungslos in den Wirren des 30-jährigen Krieges wieder. Und so ähnlich mag es auch dem einfachen Volk gegeangen sein damals. Nun ist der Leser von heute natürlich nicht der ahnungslose von 1620 oder 1640. Wir wissen zumindest, wie der damalige Krieg geendet hat (im westfälischen Frieden 1648 nämlich). Trotzdem ist es mir eine ganze Weile so gegangen, dass ich fast ärgerlich war über die „Unübersichtlichkeit“ der Handlung. Je weiter man liest, umso eher versteht man aber, dass es gerade diese enorme Unübersichtlichkeit ist, der Döblin den Leser aussetzen wollte. Und das ist gut so.
Ich hab nicht vor hier Döblins Buch zu besprechen oder gar zu zerlegen. Ich lese gerne (hab ja seit über 25 Jahren keinen Fernseher mehr und will auch keinen haben – vergiss es!) und hab auch die Ausdauer sehr lange Werke zu lesen (Tolstois Krieg und Frieden zum Beispiel mit großem Genuss). Diese Ausdauer braucht man bei Wallenstein auch. Aber es lohnt sich! Immer tiefer taucht man ein in diese faszinierende Welt von damals, und beginnt auch langsam mehr mit der damaligen Denkweise vertraut zu werden. Und ja, es war gewiss kein Zufall, dass Döblin dieses Buch mitten im ersten Weltkrieg begonnen hat.
Als ich gestern Nacht dann irgendwann durch war, kam fast eine Art Trauer oder Melancholie auf. Ich hätte sehr gerne weiter gelesen!