Wer hier meine Blog-Beiträge verfolgt, der weiß, dass neben der Fotografie meine Begeisterung der „Oldtimerei“ gehört, und zwar beides schon sehr lange. Ganz normal, dass man dabei auch allerlei erlebt. Hier eine Geschichte, die mich schon viele Nerven gekostet hat.
Ich bin kein reicher Mann. In meinen mehreren alten Autos steckt meine Altersversorgung, da ich von der Rente allein nicht leben könnte. Meine Autos sind keine hochpreisigen Kostbarkeiten im Topzustand, sondern Fahrzeuge, die ich auch benutzen können möchte ohne ständig in panischer Angst vor jedem winzigen Krätzerchen zu leben. Da es wie gesagt meine Altersabsicherung darstellt, ist auch geplant mit zunehmendem Lebensalter nach und nach ein Auto zu verkaufen. Irgendwann wird unweigerlich der Zeitpunkt kommen dass ich nur noch sehr wenig oder gar nicht mehr fahren kann. Dann hätte es für mich keinen Reiz noch ein paar blitzeblanke Autos nur zum Anschauen rumstehen zu haben.
Eine Oldtimergeschichte
Es geht um ein Auto, das ich 2018 gekauft habe. Ich war nicht konkret auf der Suche, sondern bin durch eine Anzeige drauf aufmerksam worden, weil es ganz in der Nähe stand. Das Auto war nicht perfekt, war vor vielen Jahren in passabler Qualität schon mal neu lackiert worden und machte keinen schlechten Eindruck auf mich. Bei einer Probefahrt lief der Motor nicht einwandfrei. Er nahm nicht richtig Gas an. Ich dachte, was richtig Schlimmes wird das nicht sein, das krieg ich schon hin. Nachdem wir uns auf einen deutlichen Preisnachlass geeinigt hatten wurde das Auto meines.
Keine Bilder, keine Namen?
Ja, so ist es. Ich möchte niemanden beschimpfen (auch wenn ich mich nicht nur einmal geärgert hab). Deshalb berichte ich hier sozusagen „komplett anonymisiert“.
Was ist geschehen?
Als ich das Auto umgemeldet hatte und die ersten etwas größeren pannenfreien Fahrten damit hinter mir hatte, sollte der vorhandene Mangel jetzt behoben werden. Ich brachte das Auto in eine spezielle Oldtimerwerkstatt, die mir jemand empfohlen hatte. Es war ein klassischer Ein-Mann-Betrieb und machte nach einem längeren Gespräch einen recht guten Eindruck auf mich. Ich war zuversichtlich, dass er bestimmt das Auto „vernünftig einstellen“ können würde.
1. Akt
Es stellte sich heraus, dass die Ursache des ruckeligen Motorlaufs ein leider innenseitig total verrosteter Tank war. Halb so wild, könnte man jetzt denken. Stimmt aber nicht, denn die Rostpartikel von winzig klein bis größer hatten sich bereits im gesamten Kraftstoffsystem verteilt. Mit „einfach mal ordentlich durchspülen“ war da nix mehr zu erreichen.
Ein neuer Tank kam rein (Original ist nicht mehr lieferbar) und die Einspritzpumpe bekam eine Generalüberholung, was nicht ganz billig ist. Da man die Einspritzdüsen dieses Motors zur Reinigung nicht zerstörungsfrei zerlegen kann, mussten neue her. Neu gibt es die aber schon länger mehr. Sogar gebraucht sind sie inzwischen sehr selten und dann meistens ungeprüft und trotzdem teuer. Das führte zur ersten langen Pause. Bis ich zuverlässig gute zum passablen Preis endlich hatte war mehr als ein Jahr vergangen.
2. Akt
Bei einem Ein-Mann-Betrieb braucht man natürlich Geduld, wenn man nicht der einzige Kunde ist. Es waren noch einige weitere Arbeiten an dem Auto zu machen, auf die ich jetzt nicht weiter eingehen will. Nach insgesamt zweieinhalb Jahren kam endlich der Tag der TÜV-Vorführung: Leider durchgefallen! Die vorderen Scheibenbremsen haben nicht mehr ganz aufgemacht (klassischer Standschaden!) und am Unterboden wurden Durchrostungen beanstandet.
Ich habe das Auto erst mal ohne TÜV mitgenommen. Gelaufen ist es ja, wenn auch noch immer nicht wirklich perfekt. Ich habe einige größere Runden gedreht, dann waren die Bremsen wieder frei. Kaum in der Garage abgestellt, denke ich, das stinkt doch nach Benzin. Und richtig, unterm Tank bildete sich eine Pfütze. Jetzt aber wirklich keine Lust. Da schau ich ein andermal danach. Und so stand schon ziemlich genervt das Auto mal so eben ein weiteres Jahr ungenutzt herum…
3. Akt
Wenn man oft und lag genug an dem so abgestellten Auto vorbei läuft, mag man es irgendwann nicht mehr sehen. Weil es eh anstand ein Auto zu verkaufen, um das schon sehr mager gewordene Konto etwas aufzupeppen, fiel meine Wahl auf dieses Auto. Also vollends fahrbereit machen, neue HU und dann bei mobie ausschreiben.
Wegen dem undichten Tank wollte ich nicht fahren. Ich hab es also zur Werkstatt meiner Wahl schleppen lassen. Dort stellte sich heraus, dass sich der Anschluss des Tanks völlig aufgelöst hatte. Obwohl kein No-Name war der nicht mal billige Tank also offenbar Billigramsch! Als das vor der Werkstatt vom Abschlepper abgeladene Auto auf die Hebebühne gefahren wurde, wäre es beinahe an die Wand der Werkstatt geknallt: Kupplung klebt! – Wie ich doch diese Standschäden liebe…
Nach zwei Tagen war das Auto fertig und konnte zur HU gebracht werden. Plakette gab es nicht wegen zu schwach ziehender linker hinterer Trommelbremse. Sonst wurde aber nichts bemängelt.
4. Akt
Ich hab das Auto wegen der zu schwachen Bremse in eine Oldtimer-Werkstatt gebracht, spezialisiert auf alte Mercedes und ein weiterer Ein-Mann-Betrieb. Weil das Auto ja verkauft werden sollte und vermeintlich außer der Bremse nichts zu machen war, habe ich es schon mal inseriert. Es gab auch bald einen Kaufinteressierten. Na prima, dachte ich.
Auf der Hebebühne hab ich das Auto zum ersten Mal von unten gesehen. Da waren auch die schon früher bemängelten Roststellen zu sehen. Mal etwas fester hingefasst ließen sich ohne großen Kraftaufwand weitere Stücke wegbrechen. Ganz offensichtlich war es nur der dicke Unterbodenschutz, der noch alles zusammen hielt. – So konnte ich das Auto auch mit neuer TÜV-Plakette nun wirklich nicht verkaufen!
Wir konnten uns darauf einigen, dass ich das erst noch machen lasse, haben aber Kaufvertrag mit Anzahlung geschlossen. Das erschien mir sicher genug und ich ging davon aus, dass spätestens in vier Wochen alles erledigt sein würde. – So kann man sich täuschen!
5. Akt
Je mehr Unterbodenschutz entfernt wurde, um so größer wurden die Rostlöcher. Das war nicht erfreulich, aber noch mehr genervt hat es mich, dass die Arbeiten nur sehr langsam vorwärts gingen. Ich sehe ja durchaus ein, dass eine One-Man-Show mehr Zeit braucht, weil halt nebenher noch andere Kunden versorgt werden müssen. Mittlerweile stand das Auto schon seit sieben Monaten dort in der Werkstatt, und es war kein Ende absehbar. Noch weniger gefallen hat mir aber, dass sich der Betreiber der Werkstatt strikt geweigert hat auch wenigstens einen ungefähren Fertigstellungstermin zu nennen. Unter diesen Voraussetzungen kam Weiterarbeit dort einfach nicht mehr in Frage. Schade!
Ich habe das Auto abgeholt und zu einem Bekannten gebracht, der gelernter Karosseriebauer im Ruhestand ist und ab und zu gerne noch was machen mag. Es fielen nochmals rund 40 Arbeitsstunden an, die aber ziemlich zügig erledigt wurden.
Endlich war das Ziel in Sicht. Weniger schön dabei war aber, dass dieses Auto trotz günstigem Einkaufspreis und jetzt gar nicht so schlechten Verkaufspreis unterm Strich aber ein fettes Minus für mich bedeutete.
Was hab ich draus gelernt?
Viel und nichts. Mir war natürlich schon vorher klar, dass bei einem Oldtimer immer Überraschungen auf einen warten können. Das ist ganz normal. Ich habe aber draus gelernt, dass es wirklich keine gute Idee ist sich auf einen guten äußeren Eindruck zu verlassen ohne das Auto gründlich auch von unten inspiziert zu haben. Die Durchrostungen am Boden waren sicher schon da (vielleicht damals noch weniger auffällig), als ich das Auto gekauft hab. Dazu möchte ich ganz besonders davor warnen einer neuen HU-Plakette zu vertrauen. So lange Bremsen, Licht und paar weitere sicherheitsrelevante Dinge funktionieren kann es durchaus vorkommen, dass Roststellen an nicht tragenden Teilen gar nicht beachtet werden. Durch eine dicke Schicht Unterbodenschutz kann man nicht durchgucken! Ich lerne daraus:
Auch eine neue HU-Plakette bietet keinerlei Gewähr dafür, dass das Fahrzeug keine Durchrostungen hat.
Nicht viel besser sieht es aus mit den Oldtimer-Kurzgutachten. Sie sind gedacht hauptsächlich zur Einstufung zu Versicherungszwecken, speziell für den Kaskobereich. Ein solches Kurzgutachten wird zwar meistens von einem auf Oldtimer spezialisierten Gutachter durchgeführt, ist aber im wahrsten Sinn des Wortes ein Kurzgutachten. Der Gutachter schaut auf den optischen Zustand des Fahrzeugs und auf die Originalität, wirft aber keinen einzigen Blick unter das Auto. Im Extremfall kann der gesamte Boden wie ein Sieb durchlöchert sein ohne dass das auffallen würde. Man solte also auf keinen Fall aus einem Zustand 2 Kurzgutachten schließen, dass keinerlei Schweißarbeiten nötig sind! Von außen nicht sichtbare Karosserieschäden drücken sich im Kurzgutachten nicht aus. Es können also trotz gutem Kurzgutachten mal schnell Schweißarbeiten im 5-stelligen Kostenbereich anfallen.
Dann noch eine Erkenntnis zum Thema Verkauf: Selbstverständlich sollte es sein einen Kaufvertrag zu machen. Weil Oldtimer aber ein langes Leben hinter sich haben und nur selten die komplette Historie bekannt ist, macht es natürlich Sinn als Verkäufer „gekauft wie besehen (und ggf. probegefahren) unter Ausschluss von Sach- und Rechtsmängeln“ im Vertrag festzuhalten. Das ist mir schon lange klar. Dazu gelernt habe ich aber folgendes:
Verkaufe nie ein Fahrzeug ungesehen.
Einen Oldtimer kauft doch kein vernünftiger Mensch ungesehen, oder etwa doch? Normalerweise natürlich nicht. Es gibt aber Konstellationen, in denen das doch vorkommt (z.B. nach Besichtigung durch einen mehr oder weniger kompetenten Bekannten wegen großer Entfernung). Ich habe das inzwischen zwei Mal erlebt. Beide Male gab es hinterher Streitereien, weil die Erwartungen auseinander gingen. Deshalb werde ich in Zukunft auch einen Kaufvertrag immer erst dann machen, nachdem der Käufer das Auto selber besichtigt hat. Es geht mir dabei nicht nur um die rechtliche Absicherung, sondern ich hab einfach keine Lust auf das Hin-und-Her danach.