Es war ja auch höchste Zeit, dass ich nicht immer nur daheim klebe! Weil ich mich dran gemacht habe meinen Oldie-Fuhrpark besser zu aktivieren, ist nach 6 Jahren Standzeit(!) der Ro 80 jetzt fahrbereit gemacht worden. Trotz defektem Zündschloss hat er sich mit etwas Improvisation starten lassen, sogar mit dem uralten Sprit. Ich habe das Auto dann erst mal zum Ro 80 Spezialist gebracht, um das gebrauchte Zündschloss einbauen zu lassen, das ich mir inzwischen besorgt habe. Wie sich rausgestellt hat, war es das falsche Zündschloss (es gibt zwei Versionen). Ein Schrauberprofi lässt sich aber nicht so schnell abschrecken. Mit „passend gemachtem“ Zünd- und Lenkschloss, Austausch aller Flüssigkeiten und neuer HU war mein Ro 80 dann reiseklar – also ab in die Berge!
Erste Etappe war ein Klassiker: das Stilfser Joch mit 2757 m ü.d.M. Na klar, im Lauf der Jahre war ich schon mehrfach dort oben. Es ist aber immer wieder ein absoluter Genuss. Die Trassenführung ist auch nach fast 200 Jahren fast unverändert wie zum Zeitpunkt der Fertigstellung 1825. Allerdings ist die Straße heute asphaltiert. Auf der Südtiroler Seite gibt es stattliche 48 Spitzkehren, die damals aber nicht so ausgebaut wurden wie man das heute bei modernen Passstraßen erwartet. Die Kehren sind nämlich ziemlich eng und haben mitten in der Kehre die maximale Steigung, so dass man nicht nur fleißig am kurbeln ist, sondern auch drauf achten muss, dass einem nicht mitten in der Kurve der Motor abstirbt – also nichts für völlige Dilettanten…
So schön das Raufkraxeln vom Vinschgau aus auch ist, umso weniger genussvoll erwartet einen die Passhöhe selbst: Schon seit Jahren völlig zugebaut und sogar jetzt Anfang Juni, nur wenige Tage nach Ende der Wintersperre, gnadenlos überfüllt vor allem von Motorrädern. Ich hab sie nicht gezählt, aber es waren eine Unmenge, dicht an dicht abgestellt.
Der klassische Weg vom Stilfser Joch führt runter nach Bormio. Ich hatte aber reichlich Zeit und hatte Lust auf einen schönen Umweg: Nur wenige Kilometer von der Passhöhe in Richtung Bormio zweigt rechts der Umbrail-Pass ab, der in die Schweiz führt und dort ins malerische Münstertal. Allerdings sah das Wetter nicht besonders freundich aus. Hier ein Blick ins Münstertal:
So finster, unfreundlich und vor allem nass ging es dann auch das Münstertal hoch zum Ofenpass. Beim Anblick der vielen Motorradfahrer und Radfahrer fühlt es sich im trockenen Ro 80 doch sehr angenehm an…
Weil es auf dem 2149 m hohen Ofenpass noch immer regnete, gibt’s keine Bilder von dort. Es lohnt sich aber (trotz der gewohnten stattlichen schweizer Preise) eine Pause mit Einkehr: Die Rösti mit Speck und Bergkäs sind ganz hervorragend und ihr Geld auch wirklich wert. Dazu ein „Kübeli“ Calanda (das wie ich finde recht gute schweizer Bier) macht den Genuss perfekt.
Weiter über Zernez Richtung St. Moritz. Weil mich dieser Wintersportort aber wenig lockt bin ich kurz vorher links abgebogen und den sehr gut ausgebauten und deshalb fahrerisch keine Herausforderung bietenden, aber landschaftlich sehenswerten Berninapass hoch gefahren. Die Rhätische Bahn fährt tatsächlich bis dort rauf, und ich kann mir vorstellen, dass eine Zugfahrt damit durchaus ihren Reiz haben kann.
Ein paar Kilometer nach der Passhöhe kommt man an die Abzweigung zum 2315 m hohen Forcola die Livigno. Es hat aufgehört zu regnen, sieht aber zunächst noch ziemlich finster aus.
Livigno gehört zu Italien, ist aber zollfreie Zone wegen seiner Lage. Ganz klar, dass da getankt wird: Ein Literpreis von 1,38 ist schließlich auch in Deutschland schon eine Weile her!
Über den Passo d’Eira (2210 m) und den Passo di Foscagno (2291 m) gelangt man weiter nach Bormio, wo meine Tagesetappe zu Ende geht. Trotz durchwachsenem Wetter war es eine sehr angenehme und entspannte Tour. Der Ro 80 wollte sein Futter haben (14,5 Liter / 100 km), hat aber trotz der langen Standzeit davor keinerlei Mucken gemacht.