Dass ich mich ja schon vor einiger Zeit von der digitalen Spiegelreflex getrennt habe und auf eine spiegellose Kamera umgestiegen bin, konnte man hier ja schon zur Genüge erfahren. Ich beginne hier eine Reihe von Beiträgen mit weiter führenden Überlegungen.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist die einäugige Spiegelreflexkamera das Gerät schlechthin für anspruchsvolle Fotografen. Die Vorteile lagen schließlich schon immer auf der Hand: Es gibt ein großes Angebot von Wechselobjektiven, und der Blick durch den Sucher zeigt fast genau das, was auch nachher das fertige Bild sein wird (grobe Fehlbelichtungen und Verwackeln mal außer Acht gelassen). Der Übergang von Fotografie mit Film zur Digitalfotografie hat da zunächst lange nichts Wesentliches geändert.
Die Idee, in den Strahlengang einen Spiegel zu setzen, der den Strahlengang umlenkt und auf dem Weg über das Prisma (in der Skizze nur vereinfacht angedeutet) sogar seitenrichtig und aufrecht genau das Bild zeigt, das auch der Bildsensor (in der Skizze blau dargestellt) „sieht“, ist gar nicht so simpel. Wirklich komplex wird die Angelegenheit aber dadurch, dass der Spiegel unmittelbar vor dem Belichtungsvorgang aus dem Weg geräumt werden muss (in der Regel wird er hochgeklappt), weil sonst ja das Bild den Bildsensor nicht erreichen würde.
Man sieht also, dass bei der klassischen einäugigen Spiegelreflexkamera doch ein ganz erheblicher Aufwand getrieben musste, damit der Fotograf schon vor dem Druck auf den Auslöser genau das Bild zu sehen bekommt, das auch nachher auf dem Film bzw. heute eben beim digitalen Bildsensor ankommt.
Ob dieser Aufwand auch heute noch sinnvoll ist, sollte man sich also ruhig mal genauer überlegen. Inzwischen ist die technische Entwicklung nämlich so weit fortgeschritten, dass es elektronische Sucher gibt, die nicht mehr unter den Kinderkrankheiten wie flackerndes, ruckeliges Bild und zu geringe Auflösung leiden. Mal vorausgesetzt, dass ein qualitativ gutes elektronisches Sucherbild heute zu einem angemessenen Preis realisierbar ist, macht aber der ganze Aufwand mit dem Spiegel keinen Sinn mehr. Längst ist man ganz selbstverständlich gewöhnt, dass man auf dem meist 3 Zoll großen Display nicht nur nach der Aufnahme das Bild kontrollieren kann, sondern dank Live-View kann das Display auch als Sucher verwendet werden – allerdings vernünftig nur dann, wenn kein zu helles Umgebungslicht stört.
Die spiegellose Systemkamera erspart sich den Umweg über die Spiegelkonstruktion. Der Strahlengang führt auf geradem Weg vom Objektiv direkt zum digitalen Bildsensor (blau dargestellt). Für die Funktionalität Live-View, bei der ja das Display als Sucher-Ersatz verwendet wird, wird das, was den Sensor erreicht, auf dem Display in Echtzeit dargestellt. Es ist deshalb kein großer technischer Mehraufwand dieses Bild zusätzlich auch noch auf einem in der Kamera eingebauten elektronischen Sucher auszugeben. Helles Sonnenlicht stört dabei natürlich viel weniger als auf dem Display, weil das Auge beim Blick in den elektronischen Sucher ja direkt an der Kamera ist.
Damit will ich den ersten Blog-Beitrag zum Thema spiegellose Kameras beenden. In weiteren Beiträgen, die demnächst folgen werden, gehe ich dann auf allerlei Feinheiten ein.