Fotografie und Bildbearbeitung – einige Gedanken dazu

Ohne Photoshop geht es nicht, meinen inzwischen Viele. Das Bild sei sonst nämlich „noch unfertig“ und damit nicht vorzeigbar.

Ich mache mir solche Gedanken oft selber auch und merke zusehends, daß mir irgendetwas daran Unwohlsein verursacht. Ich will versuchen, dem auf den Grund zu gehen.

Ein Rückblick auf frühere Foto-Zeiten

Ich hab viele Jahre lang mit großer Ausdauer meine Fotografien selber in der Dunkelkammer ausgearbeitet. Meist hat’s mir einfach Spaß gemacht, und es war mir deshalb ein ganz selbstverständlicher Teil meiner Fotografie. Ich hab meine Bilder aber zur Ausarbeitung auch nicht gern aus der Hand gegeben:

  • Die Negative waren mir sehr wertvoll – und wenn schon Kratzer, dann aber bitte nur durch eigene Unachtsamkeit und nicht durch ein schlampig arbeitendes Großlabor.
  • Ich hatte meist detaillierte Vorstellungen davon, was aus dem Negativ werden sollte (Kontrast, Tonwerte, Papier…). Sowas gab’s höchstens als Handabzug im Fachlabor für teures Geld.

Photoshop = digitales Labor

Es ist angenehm, am Bildschirm alles viel schneller sehen zu können und daß Ausschuß keine Extrakosten verursacht, solange er nur am Bildschirm bleibt. Natürlich ist mit Photoshop Manches ziemlich leicht möglich, das in der Dunkelkammer oder danach mit dem Retuschebesteck sehr großen Aufwand bedeutet hätte. Irgendwie gegangen wäre aber auch auf die alte Weise fast alles.

Einen grundsätzlichen Unterschied, eine neue Qualität, hab ich darin lange Zeit nicht gesehen.

Das Muß an der Bildbearbeitung

Genau wie es mir selbstverständlich war, durch selber Ausarbeiten im Fotolabor einem gelungenen Bild den letzten Schliff mit zu geben, greife ich natürlich heute zum Photoshop, um die Feinabstimmung von Weißbalance, Tonwerten und Detailschärfe vorzunehmen. Das nicht zu tun wäre meiner Meinung nach eine Dummheit, weil die RAW-Bilddaten nun eben mal ein paar grundlegende Entscheidungen des Fotografen verlangen, wenn er die nicht schulterzuckend einer Automatikeinstellung überlassen möchte. Und der dafür nötige Zeitaufwand ist wahrlich nicht die Welt.

Für und wider der Spielerei

Weil man mit Photoshop nicht mit Chemikalien rumpanschen muß und auch stundenlanges Ausprobieren keine Materialkosten verursacht, ist es verlockend, ab und zu einfach relativ planlos zu experimentieren. Das ist nicht mal vertane Zeit, sondern es trägt dazu bei, daß man mit der Wirkung vieler Einstellmöglichkeiten vertrauter wird; man bekommt einfach mehr Gefühl für das Werkzeug Photoshop und seine Tools.

Klar, daß man die schrillen neuen Effekte, die man dabei entdeckt hat, natürlich auch an ein paar eigenen Bildern anwenden möchte. Jetzt geht die Sucherei los: Welches Bild könnte denn dazu am besten passen?

Sackgasse!

Bei diesem Vorgehen schiebt man ganz still und heimlich das eigentliche Bild beiseite und an seine Stelle tritt der Effekt. Oder anders gesagt: Die (plakative) Bildbearbeitung zählt jetzt mehr als die Fotografie. Will man das wirklich???

Ich meine, grundsätzlich spricht nichts gegen Bildbearbeitung, solange sie Stimmung und Ausdruck des Bilds unterstreicht, aber nicht der eigentliche Blickfang ist.

Ich habe auch früher bei der Laborarbeit Wert darauf gelegt, solche Mittel einzusetzen. Die waren aber meist von der Wirkung begrenzt und man war dadurch gar nicht so in Versuchung, noch ein bißchen dicker aufzutragen, damit „dieser tolle Effekt“ noch besser raus kommt.

Photoshop gibt aber auch dem einen Dampfhammer in die Hand, der nicht einmal mit Hammer und Meißel vernünftig umgehen kann.

Man sollte sehr aufmerksam und skeptisch werden, wenn man durch bildarbeiterische Effekte (ich meine nicht rein technische Optimierung des Bilds) ein eigentlich wenig gelungenes Bild so weit „aufgepäppelt“ hat, daß es jetzt doch noch „richtig gut“ aussieht (sich sebst auf die Schulter klopfend).

Keine Illusionen: Was jetzt wirkt, ist nicht die nach wie vor schwache Fotografie, sondern nur der darauf angewandte Effekt!

2 Gedanken zu „Fotografie und Bildbearbeitung – einige Gedanken dazu“

  1. Das sehe ich sehr ähnlich. Auch wenn es sicherlich immer noch schön ist im Labor zu stehen. Heute ist digitales Arbeiten (und dazu gehört eine professionelle bildbearbeitung)eine Notwendigkeit. Kostengünstig, schnell und einfach weiter zu bearbeiten.

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