Der Fotograf macht die Bilder, nicht die Kamera
Ich sag’s ganz ehrlich: Obwohl ich manchmal gern eine kleine Immer-Dabei-Kamera hätte, hab ich keine digitale Kompakte, weil mich die Bedienung dieser Kameras pausenlos nerven würde. Ihre Philosophie ist grundlegend anders als die meiner früher heiß geliebten Rollei 35. Die Rollei war superkompakt, extrem robust (über meine ist sogar mal ein Auto drüber gefahren – Reparaturkosten 30 DM), mit sehr guter Optik und vollmechanisch. Schon vom Preis her waren nicht Urlaubsknipser die Käufergruppe, sondern Leute, für die Belichtungszeit, Blende und Belichtungsmessung kein Fremdwort waren.
Die kompakten Digitalen wenden sich aber leider alle an die Unbedarften, die man mit Gesichtserkennung und einer Flut von Motivprogrammen gnadenlos bei der Hand packen muß, weil sie ja anscheinend eh nicht verstehen würden, was die Kamera da macht. Die etwas teureren Kompakten erlauben zwar gnädig ein paar Eingriffe, aber man merkt bei jedem Handgriff: wirklich erwünscht ist das aber nicht!
Empfehlung 1:
Mit einer Kamera, die einem vom Handling und von der Funktionalität nicht liegt, macht das Fotografieren keinen Spaß, was man den Bildern auch oft ansehen wird. Man mache sich also die eigenen Vorlieben bewußt: Hab ich einfach Spaß an technischen Spielereien oder bin ich eher Purist? Möchte ich soviel wie möglich einer guten Automatik überlassen können oder möchte ich über alle Einstellungen selbst entscheiden?
Die Suche nach der Eier legenden Wollmilchsau
Eine Kamera, die für alle Zwecke gleich gut geeignet ist, wird man heute noch nicht finden – und wahrscheinlich auch in Zukunft nicht. Ich hab auch oft den Verdacht, das fast manische Bedürfnis vieler Fotoamateure, für absolut alles gerüstet sein zu wollen ist nur ein Ausdruck der Ziellosigkeit und Beliebigkeit ihrer Fotografie.
Ich will damit nicht sagen, daß der Wunsch nach Vielseitigkeit verwerflich wäre. Es wird aber auch mit einer umfangreichen Spiegelreflex-Ausrüstung (nach wie vor die flexibelste Lösung) immer noch Momente geben, wo man denkt, jetzt hätte ich aber gern noch das Zubehör X oder das Objektiv Y. Nur ärgern sollte man sich deswegen wirklich nicht.
Bedenken sollte man auch, daß eine riesengroße Ausrüstung oft ein Schuß in den Ofen ist, wenn man wegen Umfang und Gewicht eben doch nur eine Auswahl mitschleppen kann oder mag.
Empfehlung 2:
Man stelle sich folgende Fragen:
- Welches sind die zwei oder drei Themen, die mich fotografisch am meisten reizen (Makrofotografie, Sport, Architektur, Streetfoto, Konzertfotografie, Tierfotografie…)?
- Ergeben sich daraus eventuell besondere Anforderungen?
Beispiel: Für Sportaufnahmen oder Tierfotografie sind lichtstarke Teleobjektive von Vorteil. Für Architekturfotografie wird man oft ein stärkeres Weitwinkel brauchen. Nahaufnahmen gelingen auch mit vielen Kompaktkameras schon sehr gut usw.
Wieviele Megapixel brauche ich?
Die Auflösung ist vor allem ein groß ausgeschlachtetes Werbeargument und spielt bei Kameras der aktuellen Generation fast keine Rolle mehr. Ob eine Digitalkamera 2, 3 oder 6 Millionen Pixel hatte war in der Druckqualität im DIN A4 Format schon zu sehen. Mit 6 Millionen Pixel ist aber eine Auflösung erreicht, die auch für anspruchsvolle Amateurfotografen gut ausreicht und noch eine Menge Reserven hat.
Es stimmt zwar, daß sich eine theoretisch erforderliche Dateigröße für beste Ausgabequalität errechnen läßt, die schnell astronomisch hohe Werte erreicht (für ein Poster beispielsweise), aber für die Realität wenig aussagt, weil man ein 60×90 cm großes Bild an der Wand ja nicht aus demselben geringen Abstand anschaut wie ein 9×13 cm Albumbildchen.
Empfehlung 3:
Die Qualität des Objektivs ist entscheidender als die absolute Auflösung der Kamera. Eine Aufnahme mit einer 12 Megapixel Kamera und einem Billigobjektiv wird immer schlechter aussehen als eine Aufnahme mit einer 6 Megapixel Kamera mit einem guten Objektiv.