Was erwartet mich da?
Oh je, sieht so das berüchtigte Rudelschießen aus?
Na, ganz so schlimm war’s hier nicht. Es war einfach Klamauk, der in einer Pause veranstaltet wurde. Daß aber unter ungünstigeren Bedingungen als hier (nur ein einziges Modell, viele wild drauflos blitzende Fotografen in einem beengten Studio) schnell keine Freude mehr aufkommt, kann man sich leicht vorstellen.
Generell „verkraftet“ zwar ein Workshop draußen mehr Fotografen pro Modell, weil es ja keine einengenden Wände gibt, aber das Bild oben macht doch deutlich, daß es schnell zur Klumpenbildung kommt, weil eben doch oft nur eine oder zwei Perspektiven wirklich gut sind. Die Staffelung der Gruppe durch unterschiedliche Brennweiten funktioniert auch nur begrenzt, weil der von weiter hinten Fotografierende oft andere Fotografen mit im Bild haben wird.
Workshop: Problem eines schwammigen Begriffs
- Einer übersetzt Workshop im Sinne von Kurs oder Seminar, erwartet also einen erheblichen Lernanteil und dafür einen oder mehrere Dozenten,
- der Nächste stellt sich freies, möglichst ungestörtes, selbständiges Arbeiten drunter vor und
- gerät prompt mit dem in Konflikt, der Arbeit in der Gruppe erwartet (alle gleichzeitig).
- Ein Workshop ganz ohne Dozent läuft zwar meist unter dem Etikett „Model-Sharing“, unterscheidet sich in der Realität aber oft nur unwesentlich.
Übrigens hat das englische Wort „Workshop“ die beiden Hauptbedeutungen Werkstatt (also den Raum, in dem mit Werkzeug gearbeitet wird – würde ja am besten dem Studio entsprechen) und Arbeitstreffen. Ob ein Lehrer oder Dozent dabei ist, darüber wird nichts ausgesagt.
Das heißt:
Um Enttäuschungen zu vermeiden, mache man sich VORHER Gedanken drüber, welches die Art von Workshop ist, mit der man glücklich wird und frage bei in die engere Wahl gezogenen Workshops ausdrücklich nach!
Gruppengröße
Bevor man sich anmeldet, tut man gut daran, auch nach der maximal vorgesehenen Gruppengröße zu fragen. Je kleiner die Gruppe umso besser natürlich. Ich finde, mit 4-6 Fotografen und einem Modell läßt sich draußen noch sehr gut arbeiten. Bei größeren Gruppen steigen die Beeinträchtigungen schnell an, und Gruppen mit 10 und mehr Fotografen finde ich auch draußen eine absolute Zumutung, weil die Kommunikation zwischen Modell und einzelnem Fotograf im Chaos versinkt. Es setzt sich der Frechste durch.
Im Studio sollte am besten immer nur ein Fotograf fotografieren und die anderen schauen zu, weil er ja die Blitzanlage braucht. Weil die Blitzanlage auch ohne Kabelverbindung ausgelöst werden kann, geht es natürlich auch für eine kleine Gruppe. Wer es aber noch nicht selber erlebt hat, wird entsetzt sein, welches Blitzlicht-Dauerfeuer schon 4-5 Fotografen zusammen erzeugen.
Der Reiz des Studios…
Die überwiegende Mehrzahl der Model-Workshops sind Studio-Veranstaltungen – irgendwie „gehört das einfach so“, scheint es mir. Natürlich gibt es handfeste Gründe:
- Im Studio ist man ungestört und braucht kein unerwünschtes Publikum zu befürchten.
- Man ist unabhängig vom Wetter und von Jahres- und Tageszeit.
- Über die Lichtverhältnisse bestimmt man vollständig selber.
- Statt eines störenden Hintergrunds hat man eine Hohlkehle oder Rollen mit Hintergrundpapier.
Man sieht also: Fotografie im Studio ist „ein abgestecktes Areal“, in dem man sich sicher bewegen kann, sobald man die Studiotechnik beherrscht. Das ist zwar nicht ganz primitiv, aber doch verhältnismäßig bald zu erlernen. Es scheint also ideal für Aktfotografie zu sein.
…und seine Langeweile:
Die Ergebnisse von Modelfotografie im Studio begeistern aber nicht auf Dauer, weil man bald merkt, diese Bilder ähneln sich alle durch ihre künstliche Atmosphäre, durch die fehlende „wirkliche Welt“ auf den Bildern.
Die meisten kleinen und mittelgroßen Studios leiden unter dieser Schwäche. Wer jemals gesehen hat, mit welchem immensen Aufwand in einem Großstudio eine echt wirkende Welt konstruiert wird, kapiert sofort, was den anderen Studiofotos fehlt. Ich meine deshalb, ein kleines Studio ist sicher prima für viele Arten von Sachfotografie – aber nicht der spannende Hit, wenn man als Fotoamateur regelmäßig seine Models dort fotografiert.
Draußen ist mehr
Workshops im Freien vermeiden viele Anbieter wegen des Wetter-Risikos, was natürlich nicht von der Hand zu weisen ist.
Meiner Meinung nach wird das Problem überschätzt, weil ja im Sommer bei wirklich jedem Wetter draußen fotografiert werden kann, wenn der Veranstalter entsprechend vorbereitet ist und ggf. eine Ausweich-Location parat hat, die fotografisch auch bei schlechtem Wetter was her gibt.
Ich finde es schade, einfach fantasielos ins Studio auszuweichen, denn das werden alle als Notlösung empfinden, wenn ja eigentlich etwas ganz anderes angekündigt war. Das heißt allerdings auch, daß Modelle und Fotografen entsprechend wetterfest sein sollten und nicht schon beim ersten Tropfen zu nörgeln anfangen, denn dann macht es wirklich keinen Spaß!
Generell gilt für Model-Workshops:
Man sollte nicht erwarten ganz alleine fotografieren zu können. Dafür sind diese Workshops einfach nicht gedacht.
Auch in einer gut harmonierenden, nicht zu großen Gruppe, herrscht immer eine gewisse „Grundaktivität“, die manche vielleicht schon als störende Hektik empfinden, andere aber gerade anregend. Es sollte Sache eines guten Workshop-Leiters sein, hier auf das richtige Gleichgewicht zu achten und Unruhegeister zu bremsen.
Zum Vergleich: Eine Busreise ist auch kein Individual-Tourismus, aber trotzdem haben viele tausend jedes Jahr ihren Spaß dabei. Manches muß man auch einfach mal ausprobiert haben, um zu wissen, ist mein Ding oder eher nicht.
Hi, das ist ja richtig interessant. Die Bilder finde ich auch recht cool. Lieben Gruss M.Pesikan