Ja, wie ein kleines Abenteuer kommt es mir schon vor: das Buch Digitale Infrarotfotografie, an dem ich schreibe.
Als ich den Autorenvertrag unterschrieben habe, war mir durchaus klar, dass es mit reichlich Arbeit verbunden sein wird, denn schließlich schüttelt man 300 Seiten nicht mal eben so aus dem Ärmel. Ich musste aber nicht lang überlegen, ob ich Lust zu diesem Projekt hatte, denn – beim Durchforsten der eye-Homepage wird man’s wohl schon gemerkt haben – die Infrarotfotografie ist längst zu meinem zentralen fotografischen Thema geworden.
Es ist das Ungewisse und Überraschende, das bei dieser Fotografie außerhalb des Sichtbaren auch dann bestehen bleibt, wenn man schon eine Menge Erfahrungen damit gesammelt hat. Es geht mir auch heute, nach vielen Tausend IR-Aufnahmen, noch immer so, dass eine besondere Spannung bestehen bleibt, wie das Bild im Endeffekt tatsächlich „rauskommen“ wird, wenn es fertig ausgearbeitet ist. Obwohl digital, hat diese Fotografie doch etwas davon bewahrt, das früher der belichtete, aber noch nicht entwickelte Film hatte. Im Kopf waren die Bilder fertig – ob sie nachher in der Dunkelkammer auch wirklich so erscheinen würden, das blieb doch immer was Mystisches.
Das Überraschende
Ganz ähnlich empfinde ich jetzt den Prozess des Entstehens des Buchs. Natürlich schreibe ich nicht aus dem hohlen Bauch heraus, sondern ich habe eine ziemlich detaillierte Struktur, wie der Inhalt wachsen wird. Das Buch ist ja aber nicht nur Schreibarbeit, sondern die Bilder, die rein kommen, sind genau so wichtig. Mindestens 90 Prozent der Bilder waren schon fertig, als ich mit der Zusammenstellung begann. Umso mehr staune ich jetzt aber, dass viele Bilder in diesem Prozess eine Art Eigenleben entwickelt haben: Viele Ausarbeitungen stelle ich mir jetzt für das Buch nach kurzer Zeit doch „irgendwie anders“ vor. Die meisten Bilder stehen ja in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Text (also Beschreibungen und Erklärungen) – und plötzlich verliert wieder ein Bild seine „Eignung“ für diesen Zusammenhang, weil ich merke, dass ich es jetzt, mit dem Text dabei, anders anschaue. Und oft greife ich dann doch zu anderen Versionen des selben Bilds oder mache mich sogar neu an die Fein-Ausarbeitung.
Nicht nur die Fotografie jenseits des Sichtbaren birgt also Überraschungen, sondern mit Blick auf den Kontext Buch entwickeln auch schon zwei oder drei Jahre alte IR-Bilder wieder „ein neues Leben“.
Mir ist längst klar geworden, dass dieser Vorgang mit dem Abgeben des Manuskripts und dem anschließenden Druck für mich kein Ende finden wird. Im Grunde kennt das ja jeder: Ein Bild, das man im Rahmen an die Wand hängt, kann sich in seiner Ausstrahlung und Wirkung allein dadurch ändern, dass man es jeden Tag viele Male sieht. Manche (eher wenige) Bilder sind „stabil“, während andere nach Wochen oder Monaten deutlich „an Kraft verlieren“.
Ich bin schon sehr neugierig, wie es sein wird, wenn ich nach ein oder zwei Jahren das Buch durchblättern werde…