Fotoschule: Aktfotografie

Was dieser Beitrag behandelt

Aktfotografie hat auch für viele Amateurfotografen einen ganz besonderen Reiz. Ich glaube, dass es dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielt, dass dieser fotografische Bereich anders wie zum Beispiel Landschaftsfotografie nicht jedem unmittelbar zugänglich ist.

Wer Akt fotografieren will braucht dafür natürlich ein Model. Für von den meisten Betrachtern als ansprechend empfundene Bilder sollte das Model entsprechend geeignete Voraussetzungen mitbringen. Ganz besonders für Anfänger ist es nützlich, wenn sein Aktmodel eine gewisse Erfahrung vor der Kamera mitbringt.

Einige Vorbemerkungen

Meine Aktfotografie braucht »ganz normale natürliche Models«. Nicht 100 % perfekte Körper sind die Voraussetzung, aber andererseits ist eben wirklich nicht jeder Mensch zum Aktmodel geboren. Ich meine, da sollte man sich keinen falschen Illusionen hingeben. Natürlich kann man von jedem Aktaufnahmen machen - aber ob das Sinn macht, das ist eine ganz andere Frage. Ich habe in den mittlerweile 45 Jahren meiner fotografischen Geschichte allerlei ausprobiert. Auch im Bereich Akt. Dabei habe ich feststellen müssen, dass ein wichtiges Kriterium darin besteht, dass ich den Mensch vor meiner Kamera attraktiv finden muss, um gute Aktaufnahmen hinkriegen zu können.

Mit Botox aufgespritze Lippen für den besonders beeindruckenden Schmollmund in Kombination mit medizinballgroßen Plastikmöpsen sieht man immer öfter. Meinetwegen, das mag ja durchaus Geschmackssache sein. Es ist aber ganz gewiss nicht das, was ich hier mit Aktfotografie meine.

Typische Anfängerfehler vermeiden

Es gibt eine ganze Reihe typischer fotografischer Fehler, die gerade Aktaufnahmen ruinieren können. Genau und kritisch hinschauen ist die einzige wirksame Abhilfe. Das ist manchmal leichter gesagt als getan: Nicht jeder Mensch, der nackt vor der Kamera posiert, ist völlig selbstbewusst. Und nicht nur das: Auch Amateurfotografen, die das zum ersten Mal hnter der Kamera machen, geht es vielleicht ebenso.

1. Druckstellen

Der Klassiker bei den ärgerlichen Aufnahmefehlern sind Druckstellen von der Kleidung. Gerade weil meistens nicht besonders stark ausgeprägt werden sie leicht übersehen. Solche Druckstellen können sich aber erstaunlich lange halten (vor allem wenn es kälter ist) und sind dann auf wirklich jedem einzelnen Bild zu sehen. Was man im Sucher so leicht übersieht, springt einem nachher auf jeder etwas größer ausarbeitetem Bild tückischerweise sofort ins Auge. Es kann zu einer wahren Strafarbeit ausarbeiten, diese unerwünschten Spuren Bild für Bild mit Photoshop zu retuschieren!

Druckstellen

2. Ungünstige Körperhaltung

Ein nackter Mensch vor der Kamera sieht nicht in jeder Pose von der Haarspitze bis zum großen Zeh perfekt aus. Das ist völlig normal und unvermeidbar. Es ist deshalb Aufgabe des Fotografen diese »nicht optimalen Bereiche« sicher zu erkennen und korrigeren. Oft genügt eine minimale Änderung der Körperhaltung schon, aber es gibt auch Posen, die einfach fast immer ungünstig ausfallen.

unvorteilhaft

Machen Sie sich bewusst, dass es ein völlig falscher Ansatz wäre aus Schüchternheit oder was auch immer ganz bewusst nicht so genau hinzuschauen, denn davon werden Ihre Bilder ganz bestimmt nicht besser! Es geht nicht darum dauernd Aufnahmenpositionen zu suchen, wo Sie dem Model durch die gespreizten Beine gucken können (wenn das Ihr Motiv für Aktfotografie ist, dann sind Sie hier falsch), aber genau hinschauen ist einfach notwendig, um schwerwiegende und leichtere fotografische Probleme abstellen zu können. Fotografie ist kein Blindflug!

3. Einschnürende Kleidungsstücke

Eng einschnürende Kleidungsstücke (hier eine Corsage) führen oft unweigerlich dazu, dass unschöne Stellen entstehen, die man nicht immer vollständig vermeiden kann. Der Fotograf muss das erkennen und die Aufnahmeperspektive entsprechend wählen, dass das nicht stört.

unvorteilhaft

4. Körperliche »Mängel« Ihres Models

Kaum jemand hat einen rundum tadellos perfekten Körper. Viel häufiger ist es, dass man seine »Schokoladenseiten« hat, aber auch weniger vorteilhafte Körperpartien. Ein guter Fotograf muss das zuverlässig erkennen und sollte sich beim Fotografieren danach richten. Es ist ein unsinniges Vorteil, dass ein gut gestaltetes Aktfoto immer den ganzen Mensch zeigen muss. Im Gegenteil sogar, finde ich.

unvorteilhaft

Überlegen Sie mal

"Das kann ich doch mit Photoshop reparieren!" - Eine oft gehörte Argumentation. Dem will ich mich aber nicht anschließen. Häufig hat der Fotograf einfach gepennt und hätte den Mangel schon vor der Aufnahme leicht beheben können. Zur Strafe muss er jetzt jedes einzelne Bild der ähnlichen Einstellung "flicken". Mir macht das keinen Spaß. Es kann aber auch sein, dass er das Problem zwar bemerkt, aber ignoriert hat. Das war dann keine gute Idee, denn mit Photoshop kann man zwar tatsächlich sehr viel "beheben", wenn man sorgfältig arbeitet, aber unterm Strich ist dann der Aufwand doch sehr hoch, wenn man nicht nur züwei oder drei Aufnahmen gemacht hat.

Gestalterische Empfehlungen

Es gibt keine festen Regeln - wie in der Fotografie generell nicht. Ich kann aber ein paar Empfehlungen geben, worauf man zumindest achten und nur aus gutem Grund ganz bewusst davon abweichen sollte. Man könnte sicher eine lange Liste aufzählen. Ich möchte mich aber auf vier Beispiele beschränken.

1. Körperspannung

Der unbekleidete Mensch längt die Aufmerksamkeit natürlich auf Details, die teilweise sonst gar nicht auffallen. Selbstverständlich kann die Bekleidung nicht beliebig viel verbergen oder kaschieren, aber ein raffiniert geschnittenes Kleidungsstück kann doch seine positive Wirkung haben.

Ein Merkmal, das beim nackten Körper hohe Bedeutung bekommt, ist die Körperspannung. Ich meine damit nicht Body-Builder-Qualitäten, sondern einfach einen wichtigen Aspekt der Körperhaltung.

Körperspannung

Es gibt Posen, die meistens deshalb wenig günstig ausfallen, weil sie eine schlaffe Haltung nahe legen. Es geht nicht darum, dass Ihr Model immer sämtliche verfügbaren Muskeln gleichzeitig anspannen sollte. Das würde unnatürlich aussehen. Es ist Ihre Aufgabe als Fotograf das im Auge zu behalten und bevorzugt solche Posen zu wählen, wo einfach eine gewisse Grundanspannung nötig ist.

2. Räumliche Tiefe und Perspektive

Wenn Sie Akt »on location« fotografieren, also außerhalb des Studios an einer vorgefundenen Umgebung, dann sollte diese Umgebung möglichst schon ein bisschen mehr hergeben als banale Dekoration. Das bedeutet, dass Sie diese Umgebung auch gestalterisch wirkungsvoll in das Bild integrieren müssen. Räumliche Tiefe und eine passende Perspektive sind dabei wichtige gestalterische Elemente.

Perspektive

3. Haare

Mit Haaren kann man fotografisch viel machen! Selbstverständlich ist nicht jede Frisur und nicht jede Haarlänge gleich gut geeignet. Ich mag es besonders gerne, wenn der Wind mit den Haaren spielen kann.

Haare

Man muss meistens ein bisschen probieren, um genau den optimalen Moment einfangen zu können, aber heute mit der Digitalfotografie muss man ja nicht wie früher aus Kostengründen mit Filmmaterial umgehend. Haare und Wind sind einer der eher seltenen Situationen, in denen es tatsächlich Sinn machen kann, den Finger auf dem Auslöser drauf zu lassen und erst hinterher auszuwählen.

4. Das richtige Licht

Achten Sie sehr bewusst auf die Wirkung des Lichteinfalls. Es ist fast immer einfacher bei Aktfotografie mit einem relativ weichen Licht zu arbeiten anstatt mit hartem, direkten Sonnenlicht. Das hat nämlich gleich mehrere Nachteile:

  • Vor allem im Sommer steht die Sonne den meisten Teil des Tages in unseren Breiten sehr hoch. Das kann zu hässlichen Schlagschatten führen unter Nase und Kinn.
  • Beim direkten Blick in die Sonne wird das Model geblendet. Das führt unweigerlich zu sehr kleinen Pupillen und oft zu einem zusammen gekniffenen Gesichtsausdruck.

weiches Licht

Ich fotografiere Menschen deshalb bevorzugt im Schatten. Schauen Sie genau hin: Schatten muss nicht gleich bedeutend sein mit völlig kontrastarmem Licht. Meistens kann man eine hellere und eine etwas dunklere Seite erkennen. Das lässt sich hervorragend nutzen und ist gerade für Akt völlig ausreichend, was den Kontrast angeht.

Eine andere Möglichkeit besteht darin mit Gegelicht zu arbeiten. Ich mag das sehr gerne. Voraussetzung ist aber ein gutes Objektiv, das den hohen Kontrast schafft ohne die Bildbereiche auf der Schattenseite »soßig zulaufen« zu lassen. Mich begeistert dafür ganz besonders das Fuji XF 2,0/90 mm, das auch bei ganz offener Blende eine absolut beeindruckende Qualität liefert.

Gegenlicht

Gerade starkes Gegenlicht kombiniere ich gerne mit geringer Tiefenschärfe. Man lenkt auf diese Weise den Blick des Betrachters sofort auf den dem Fotograf wichtigen Bildteil und verleiht dem Bild ganz nebenbei schöne räumliche Tiefe.

5. Verträumt + soft = kitschig?

Vielen wird der Name David Hamilton etwas sagen: Stark weich gezeichnete Aktfotografie, verträumter Blick. Viele fanden das kitschig bis pädophil. Es ist nicht mein fotografischer Stil, aber ich meine, man sollte nicht jedes dezent gesoftete Aktfoto pauschal zum Kitsch erklären.

verträumt

Entscheidend finde ich, ob der Effekt als Selbstzweck eingesetzt wird oder mit dem Ausdruck des Bilds stimmig ist. Wenn das der Fall ist, dann empfinde ich nichts Schlimmes dabei den Effekt einzusetzen. Man sollte sich aber überlegen, welchen Ausdruck man damit transportieren möchte.




Viele unterschiedliche Ansätze

Das Thema Akt hat nicht nur viele Facetten, sondern es ist auch mit vielen Vorurteilen belastet. Ich kann ehrlich sagen, daß mich diese Vorurteile nicht im geringsten interessieren. Ich finde aber, sie sind doch ein gar nicht so schlechter Anstoß, um sich über die eigene Motivation zur Aktfotografie ein paar Gedanken zu machen.

Das kann auch deshalb ganz nützlich sein, weil es nicht "die" Aktfotografie gibt, sondern teilweise sehr verschiedene Ausprägungen, deren Anhänger Manches abfällig als "das ist doch kein Akt" abtun.

Akt klassisch

Klassischer Akt

Klassische Aktfotografie ist ungefähr das, was auch das hier gezeigte Bild darstellt:

  • das Model ist unbekleidet
  • das Gesicht ist entweder gar nicht zu erkennen (z.B. bei Akt-Torsos) oder mindestens abgewandt
  • Ästhetik ist wichtiger als Erotik
  • Pose und Licht lassen oft die Nacktheit eher erahnen als wirklich etwas zu zeigen
  • die Bilder sind meist in Schwarzweiß aufgenommen und fast immer im Studio
  • mit Requisiten geht der Fotograf extrem sparsam um; schon den Fingerring würden manche sicher als Stilbruch ansehen

Geduld und Ruhe

Klassische Aktfotografie ist fernab von jeder Hektik. Die Aufnahmen sind unübersehbar gestaltet und aufgebaut. Das Licht (meistens, aber nicht zwingend, Kunstlicht im Studio) wurde sorgfältig gesetzt und die Pose des Models gezielt ausgewählt worden. Alles ist genau so beabsichtigt, nichts dem Zufall überlassen. Ästhetik steht im Vordergrund. Das Bild kann durchaus erotische Ausstrahlung haben, aber immer eher dezent. Das sind Merkmale, die diese Bilder der Kategorie Fine Art Fotografie zuordnen.

Gelungene klassische Aktfotografie ist sicher nicht einfach, aber wegen der ruhigen Arbeitsweise trotzdem auch für den Einsteiger in das Thema Akt geeignet. Auch wenn einem solche Bilder vielleicht etwas langweilig vorkommen mögen und nicht das sind, was man sich eigentlich vorstellt, möchte ich trotzdem jedem Neueinsteiger empfehlen, sich konsequent ein paar Aufnahmetermine Klassischer Akt zu "verordnen". Man lernt nicht nur mit Licht umzugehen (auch available light kommt dafür in Frage), sondern die oft etwas künstlichen Posen entlarven jede noch so kleine Schwäche.

Kein Mensch hat nur Schokoladenseiten. Damit eine Aktaufnahme beeindruckt, ist hier der Fotograf gefordert. Ich will wirklich keinen Schönheitskult betreiben. Mir geht es um etwas ganz anderes: Wenn ich alle Tricks und Kniffe beherrsche, um perfekte Aktaufnahmen eines Models mit Idealfigur sicher hinzukriegen, werde ich auch einen "ganz normalen" Menschen mit kleinen "Fehlern" leichter so als Akt fotografieren können, daß ansprechende Bilder dabei entstehen und keine Peinlichkeiten.

Der Fotograf hat darauf zu achten, dass möglichst keine dem durchschnittlichen Empfinden nach unvorteilhafte Posen und Perspektiven vorkommen.

Akt und Erotik

Zu einer gelungenen Aktaufnahme gehört auch eine Portion Erotik. Was der Einzelne als erotisch empfindet, kann natürlich sehr unterschiedlich sein, weil es eine Frage der persönlichen Vorliebe ist. Das finde ich auch nicht schlimm. Ich meine aber, der Fotograf sollte ein Gefühl dafür entwickeln, erotisch gedachte Bilder immer so zu gestalten, daß auch für einen Betrachter, der einen anderen Geschmack von Erotik hat, immer noch ein brauchbares Bild übrig bleibt. Ein Bild hat dann erhebliche Schwächen, wenn sich alles auf die erotische Wirkung allein reduziert und kein bißchen auf das Drumrum geachtet wurde.

Akt und Erotik

Beispiel:
Es ist ein Unterschied, ob es als primitiv empfunden wird, wenn die Erotik nicht ankommt, oder ob der Betrachter sagt, schade um das Bild, aber ich mag nun mal generell solche Schuhe und Dessous nicht, und wieso das Model halb nackt in solcher Umgebung ist, das sagt mir auch überhaupt nichts.

Die richtige Auswahl

Man sieht, erotische Fotografie ist ein heikles Thema, mit dem man leicht auf Ablehnung stoßen kann. Ich meine aber, das sollte einen nicht verschrecken, solange man zu den eigenen Bildern selbst stehen kann. Selbstkritisch sein ist deshalb besonders wichtig. Man tut gut daran, gerade für Aktaufnahmen die Meßlatte besonders hoch zu legen und konsequent nur die Bilder zu zeigen, die man als besonders gut gelungen empfindet.

Ich finde, ein gezielt erotisch gestaltetes Bild darf ruhig provokativ sein und auch ablehnende Reaktionen erzeugen. Man sollte sich davon nicht gleich verunsichern lassen. Weil man sich aber schon um Feedback bemühen sollte, um die eigene Sichtweise nicht ins "freie Schweben" ohne Bezug zur restlichen Welt geraten zu lassen, achte man darauf, daß man das Bild möglichst verschieden orientierten Menschen zeigt und nicht nur im unmittelbaren eigenen Umfeld bleibt.

Wenn man dann trotzdem fast nur negative Kommentare erhält, sollte man stutzig werden und näher nachhaken. Je mehr Mühe und Aufwand man nämlich in ein Bild investiert hat, umso eher schaut man es "mit verklärtem Blick" an und übersieht sogar ziemlich offensichtliche Mängel, weil es ja einfach nicht sein kann, daß dieses Bild nicht der absolute Knaller geworden ist!

Ich kann vor dieser Falle nur warnen: Ein Bild wird nicht durch den betriebenen Aufwand und die Intensität, mit der man sich nach Erfolg sehnt, besser. Auch die größte Mühe kann verpufft sein, und vielleicht sieht man dem Bild diesen Mißerfolg sogar an, was es noch schlimmer macht. Deshalb betrachte man solche Bilder besonders genau und registriere auch die kleinen Mängel, um entscheiden zu können, ob das Bild etwas Eigenständiges ist und diese kleinen Schwächen verkraftet, oder ob man es bei Seite legen und neu fotografieren sollte.

Fetisch

Vorsicht, das ist wirklich kein "genormter" Begriff! Auch wenn Otto Normalverbraucher beim Stichwort Fetisch meist nur Lack und Leder einfallen, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Fast alles kann zum Fetisch werden. Der Begriff besagt nur, daß etwas eigentlich Neutrales für den Fetischist eine Wertigkeit hat, die "diesem Etwas" hochgradig sexuelle Erregung zukommen lassen kann.

Ich will hier keinen Vortrag über Fetischismus halten, sondern auf die fotografische Seite eingehen: Allein schon weil Fetisch vom Alltäglichen mehr oder weniger stark abweicht, finde ich es interessant für den Fotografen. Damit aber ausdrucksstarke Bilder entstehen, taugt es nichts, nach dem Motto "jetzt mach ich mal Fetisch" ranzugehen.

Zwei wichtige Regeln

  1. Für den echten Fetischist ist sein Fetisch kein Späßchen, sondern eine ziemlich ernsthafte Sache, was man als Außenstehender nicht ohne Weiteres nachvollziehen kann. Wenn man sich als Fotograf nicht nur lächerlich machen möchte, sollte man sich beschränken und nur solche Themen fotografieren, für die man ein Grundverständnis aufbringen kann, auch ohne daß es für einen selber deswegen gleich ein erregender Fetisch sein muß.
  2. Genauso wichtig ist es, daß man nicht ein Fotomodel wahllos in ein Fetischthema hinein drängt. Für Fetischaufnahmen ist es besonders wichtig, daß man vorher erst einmal klärt, ob Fotograf und Model eine ausreichende Affinität zum Thema und der Bildidee haben. Alles sonst ist nach meiner Erfahrung wirklich zum kläglichen Scheitern verdammt.

Fetisch-Fotografie braucht echte Begeisterung

Weil Fetisch zwar fotografisch sehr ergiebig sein kann, aber eben auch die gerade angedeuteten Besonderheiten hat, sind gute Fetischaufnahmen kein Kinderspiel. Nur aus Neugier ein bisschen mit den gängigen Klischees rumzuspielen gibt fast immer nur enttäuschende und oft sogar peinliche Bilder. Wer das Thema noch nie fotografiert hat und auf keinen eigenen Fetisch zurück greifen kann, braucht also Geduld und Einfühlungsvermögen, um sich langsam heran zu tasten - aber dann lohnt es auch die Mühe!

Gar nicht zu gebrauchen ist jede Regung, die in Richtung sich-lustig-machen geht, denn dieser Schuss geht leicht nach hinten los und der Fotograf outet sich selbst als wandelnde Peinlichkeit.

Fotograf und Model

Ob ein Model für Aktaufnahmen geeignet ist, hängt viel weniger von der Perfektion der Figur usw. ab als vom Selbstbewußtsein des Models und seinem Vertrauen zum Fotograf. Gute Aktfotos sind kaum hinzukriegen, wenn sich der Mensch vor der Kamera unwohl fühlt, permanent verkrampft ist und darauf bedacht, seine Blöße zu bedecken bzw. nur wohl dosiert sehen zu lassen. Fotografie unter solchen Voraussetzungen ist eine Strafe für beide Beteiligten und der beste Weg zu weitgehend mißlungenen Bildern, die man am besten ganz schnell wieder löscht.

Weil das so ist, liegt auf der Hand, daß man niemals jemand überreden darf - eine fotografische Sünde, der vor allem Amateurfotografen nur zu gern verfallen!

Warum ist das so?

Mehrere Faktoren können eine Rolle spielen. Zum Beispiel, daß man mit einem "Noch-Nicht-Model" arbeitet, also jemand vor der Kamera hat, der/die eher zufällig dazu gekommen ist oder das halt gern mal ausprobieren möchte. Dabei ist ja nichts Schlimmes, aber man sollte sensibel sein und sich nicht wie der Elefant im Porzellanladen verhalten. Gerade wer zum ersten Mal vor der Kamera steht, läßt sich oft leicht beeinflussen und zu Aufnahmen drängen, von denen vorher keine Rede war. So etwas zu tun ist extrem schlechter Stil und kann sich schnell als Bumerang erweisen. Wenn nämlich enttäuschende Ergebnisse entstehen und sich das "Fotografier-Opfer" auf den Bildern unvorteilhaft dargestellt findet oder auch nur die Fotos herum zeigt und von Anderen kein Lob bekommt, heißt es schnell: "Eigentlich wollte ich das ja auch gar nicht, aber der Fotograf hat mich überredet. Man sieht ja jetzt, daß er gar nicht fotografieren kann. Wahrscheinlich hatte er etwas ganz Anderes im Sinn…".

Auch wenn man mit einem professionellen Model arbeitet, ist das keine Entschuldigung, daß der Fotograf immer wieder versucht in Richtung Aktaufnahmen zu drängeln ("mach doch noch einen Knopf auf… - und laß den Träger etwas runterrutschen" usw.), wenn das ausdrücklich vorher ausgeschlossen wurde. Ich finde, das Model reagiert völlig richtig, in so einem Fall die Aufnahmen abzubrechen.

Solides Handwerk ist wichtig

Gelungene Aktfotografie setzt voraus, dass der Fotograf sein fotografisches Handwerk beherrscht und dieses Wissen auch konsequent und aufmerksam anwendet:

  • Es gibt eine Menge Perspektiven, die einfach deshalb ungünstig sind, weil es zu störenden Überschneidungen oder unnatürlich wirkenden Verkürzungen oder Verlängerungen führt. Es gibt zwar keine fotografischen Regeln, die man niemals brechen darf, aber es hat schon seinen guten Grund, dass Weitwinkel-Brennweiten für Porträt- und Aktaufnahmen nur mit großer Vorsicht und Aufmerksamkeit verwendet werden sollte.
  • Auch Schatten können sehr störende Wirkungen haben. Darauf sollte man vor allem bei Außenaufnahmen im Sonnenlicht achten. Der aufmerksame erfahrene Fotograf wird solche Lichtsituationen eher meiden. Man kann aber auch im Studio das Licht so ungeschickt setzen, dass schon eine geringe Körperdrehung starke Schlagschatten ergeben kann - also Vorsicht!
  • Aktfotografie, bei der keinerlei "Feeling" rüberspringt, kann nicht wirklich funktionieren. Wer den nackten Mensch vor der Kamera so teilnahmslos fotografiert wie ein Sortiment von Kochtöpfen, der wird kaum erwarten dürfen, dass ihm beeindruckende Aktaufnahmen gelingen. Der Fotograf sollte sich aber schon selber ehrliche Rechenschaft geben, was er tatschlich will: einen verkappten Porno drehen oder anspruchsvolle Fotografien produzieren? Natürlich ist es nützlich, wenn Sie ein gutes Gefühl dafür entwickeln können, was erotisch wirkt und was nur plump. Vergessen Sie dabei aber die rein fotografische Seite nicht, denn sonst passen ganz banale handwerkliche Fehler, die auch die gestalterisch schönsten Bilder ruinieren können.

Resümee

Haben Sie Lust bekommen sich auch mal im Bereich Aktfotografie zu versuchen? Glauben Sie mir: Es lohnt sich, auch wenn vielleicht die ersten Ergebnisse nicht gleich begeistern.

Es führt erfahrungsgemäß nicht zum Ziel, wenn Sie das »nur mal nebenbei« betreiben wollen, denn Aktfotografie ist durchaus anspruchsvoll, wenn Sie nicht nur »ein bisschen nackt knipsen« wollen.

Dazu ein Beispiel: Ich mag Musik gerne und habe manchmal auch Lust bei einem Konzert zu fotografieren. Ich habe aber festgestellt, dass ich nicht gleichzeitig konzentriert fotografieren und aufmerksam der Musik zuhören kann. Multitasking hat einfach seine Grenzen!

Ich meine, genauso ist es bei der Aktfotografie: Es ist gut, wenn es Ihnen nicht gleichgültig ist wie ein x-beliebiges anderes Thema. Setzen Sie aber klare Prioritäten auf der Fotografie, wenn Sie wirklich gute Resultate erzielen wollen. - Sonst sind Sie in einer Peep-Show besser aufgehoben…