Stationen (1)
(Juni 2005)
Vieles hat sich 2005 bei mir verändert. Wenn ich die Palette meiner aktuellen Arbeiten nebeneinander anschaue, muss ich selber staunen, wie weit weg ich inzwischen von meiner "SW-Fabrik-Akt-Einheits-Fotografie" bin. Nicht dass ich dazu heute nicht mehr stehen könnte, aber ich merke einfach, dass das zum Schluss eine Phase für mich war, die sich einfach erschöpft hatte und in der ich schließlich nur noch auf der Stelle getreten bin.
An der Fotografie reizen mich jetzt auch wieder Dinge, an die ich vorher nicht einen Gedanken verschwendet hätte. Eine von außen an mich gestellte Anforderung ist für mich spannend, solange sie Raum für eigene Kreativität lässt. Noch vor einem Jahr war einfach das Spektrum viel zu schmal, mit dem ich mich hätte auseinander setzen wollen. Das ist heute anders.
Suche nach Neuem
Ich hatte das Gefühl, mit meiner Fotografie bis auf kleine Nuancen doch ziemlich auf der Stelle zu treten. Meine Bilder waren sich alle sehr ähnlich. Jetzt ist wieder Bewegung rein gekommen.
Ein Versuch zu was Neuem ging ganz sachte in Richtung Farbfotografie, was mir ja ziemlich fremd war. Weil man bei der Digitalen immer erst mal Color hat, wird man ständig damit konfrontiert - naja, und ab und zu wandelt man eben ein Bild nicht um, weil's halt in Farbe auch interessant ist.
Was Neues wollte ich probieren. Als Location hatte ich mir noch mal das Graffity-Gelände in Itzehoe ausgeguckt - also Internet durchforsten nach einem interessanten Modell aus dem Hamburger Raum. Hängen geblieben bin ich bei Lexa (einige Serien sind ja in meiner Galerie zu sehen). Mein Gedanke war: Wenn schon schrill, dann gleich richtig!
Ich war gespannt, aber auch skeptisch, denn es war doch fotografisch eine ganz andere Welt dies Mal. Zwar einerseits das vertraute Fabrik-Ambiente, auf der anderen Seite aber zum ersten Mal Bilder mit Fetisch-Touch.
Es war erstaunlich schnell ein guter Draht hergestellt und die Bildideen sprudelten nur so. Wesentlich war dabei zu merken, dass Lexa hinter dieser Art von Ausdruck wirklich steht und solche Bilder für sie nicht nur Posing sind. Plötzlich spüre ich: So zu arbeiten ist viel interessanter und kreativer als sich immer nur auf vertrautem Terrain zu bewegen.
Ich hatte zu lange nur dieselbe Art Bilder in der nächsten Fabrikruine mit dem nächsten Modell fotografiert. Der ernste Blick, das meist trübe Licht und die Posen blieben fast gleich: darauf war ich einfach fixiert. Das war mein Stil. Er war erstarrt.
Neu entdeckt hab ich dann den Reiz ein Modell vor der Kamera zu haben, mit dem authentische Bilder entstehen, weil nicht etwas Fremdes, Künstliches nur gespielt wird. Glaubhaft gelingen solche Bilder, denen man eben ansieht: das ist kein Fake, das ist ein Teil des ICH des Modells, das hier zu sehen ist.
Modell und Fotograf sollten eine ehrliche Affinität zum dargestellten Thema haben, denn sonst fehlt "der Faktor Feeling", und das sieht man den Bildern an. Das besonders Spannende ist deshalb auch gemeinsam auszuprobieren, wo die unausgesprochene Übereinstimmung so gut ist, dass einzelne tatsächlich außergewöhnliche Bilder mit dem packenden Ausdruck entstehen, den man nicht einfach auf Bestellung hin kriegt.