Kamera-Umbau für digitale Infrarotfotografie

Darum geht es hier:

Wer sich mit dem Thema "Infrarotfotografie und Digital" befaßt, stößt auf widersprüchliche Aussagen: Da kann man lesen, daß Digitalkameras grundsätzlich infrarottauglich seien, weil der Sensor bis weit in den Infrarotbereich hinein empfindlich ist; wo anders liest man aber wieder, mit Kamera X würde es leider gar nicht gehen und mit Kamera Y seien die Belichtungszeiten für Infrarot extrem lang.

Hier erfahren Sie, was wirklich dahinter steckt und wieso ein Kameraumbau speziell für Infrarotfotos mehr ist als nur teurer Luxus. Sie erfahren, welche unterschiedlichen Möglichkeiten des Kamera-Umbaus es gibt und welche Filter in Frage kommen.

Ist meine Kamera für IR-Fotos geeignet?

Für Infrarotfotografie mit einer normalen Digitalkamera muß ein Hindernis überwunden werden. Ideal wäre natürlich, wenn man bei Bedarf einfach den Sperrfilter aus dem Strahlengang entfernen könnte. Tatsächlich gab es auch schon Kameras, die das konnten (einige Kompaktkameras von Sony, die über den sogenannten Night-Shot-Modus verfügen). Allerdings war das nicht für Infrarotfotos gedacht, so daß man nur begrenzt damit glücklich wird - aber immerhin.

Geht es ohne Umbau?

Infrarotes Licht ist langwelliger als das sichtbare. Dieses für den Kamerasensor, aber nicht für uns Menschen sichtbare Licht würde sich für natürlich wirkende Farbdarstellung störend auswirken. Deshalb ist in Digitalkameras vor dem Sensor ein Sperrfilter eingebaut, der Licht oberhalb von ungefähr 750 nm*) zurückhält. Die Kameras könnten also grundsätzlich für Infrarot-Aufnahmen verwendet werden, wenn es nicht der Sperrfilter verhindern würde. Wie tauglich Ihre eigene Kamera für IR-Fotos ohne Umbau ist, hängt in erster Linie davon ab, wie dicht der vom Hersteller verbaute Sperrfilter ist.

Machen Sie sich aber keine Illusionen: Auch wenn es mit Ihrer Kamera vielleicht auch ohne Umbau geht, werden Sie bestimmt nicht lange damit glücklich werden. Irgendwann nervt es einfach.

*)   1 Nanometer = 1 / 1.000.000 mm

Tricksereien

Der Sperrfilter vor dem Sensor dient ja nur dem Zweck, Störungen durch das nicht sichtbare Licht zu vermeiden. Zu diesem Zweck muß der Filter nicht zu 100% sperren, sondern es genügt auch etwas weniger. Und siehe da: tatsächlich läßt der Sperrfilter vieler Digitalen noch ein klein wenig Infrarotlicht durch. Wenn man diesen Rest nun "herausfischen" würde, könnte man damit nicht vielleicht...???

Rennen fahren mit angezogener Bremse…

Im Prinzip geht es tatsächlich. Dazu muß dieser kleine verbliebene Rest aber vom normalen, sichtbaren Licht getrennt werden - und richtig: das erledigt ein zusätzlicher Filter vor dem Objektiv! Dieser Filter sollte aber besser sein als der interne Sperrfilter. Er sollte fast 100% des sichtbaren Lichts abfangen. Praktisch läuft das darauf hinaus, daß man ein Körnchen dessen, was im Überfluß vorhanden gewesen wäre, mühsam einsammelt, um ein mickeriges Pflänzchen so zu hätscheln und pflegen, daß am Ende doch noch was Ansehnliches draus wird.

Es wird wohl kaum jemand behaupten, es sei ein sinnvolles Vorgehen, mit dem Overkill moderner Digitaltechnik auf diese Weise zu fotografieren! Und auch wenn es grundsätzlich schon möglich ist, so handelt man sich unnötiges Rauschen und weitere Mängel dabei ein. Kommt noch hinzu, daß fast alle Digitalkameras neuester Generation einen dermaßen dichten Sperrfilter enthalten, daß Belichtungszeiten von mehr als 30 Sekunden oder noch wesentlich höher der Normalfall sind.

Sind ältere Kameras besser für Infrarotfotografie?

Ohne Umbau (also ohne Entfernen des Sperrfilters) tendenziell ja. Meine alte Fuji Finepix S2pro kam bei Sonnenschein und ISO 400 für IR-Fotos mit Belichtungszeiten um 1/8 Sekunde aus. Die Nikon D70 ganz ähnlich, und auch die frühen Canon-DSLR (10D, 300D) lagen meist unter einer Sekunde. Allerdings haben diese Kameras nicht nur einen schwächeren Sperrfilter, sondern auch einen älteren Typ von Sensor, der noch deutlich rauschanfälliger ist als die heutigen und auch sonst in vieler Hinsicht nicht mithalten kann. Ich halte es deshalb für keine gute Lösung und würde nicht ernsthaft drüber nachdenken.

Möglichkeiten für den Kameraumbau für digitale IR-Fotografie

Daß man an einen Umbau seiner Kamera denken sollte, wenn man sich mit Infrarotfotografie intensiver befassen möchte und nicht nur als nette Spielerei ansieht, dürfte einsichtig sein. Bleibt die Frage, welche Art von Umbau in Betracht kommt. Kern des Umbaus ist natürlich die Entfernung des Sperrfilters, damit das infrarote Licht ungehindert den Sensor erreichen kann. Die Belichtungszeiten liegen dann je nach verwendetem Infrarotfilter auch durchweg mehr oder weniger in der Nähe ganz normaler Werte. Stativ ist keines mehr nötig und Bewegungen werden nicht mehr verwischt dargestellt.

Auch wenn man im Internet Bastelanleitungen dafür findet, würde ich einen solchen "Eingriff" nicht selber machen. Da sind doch einige Feinheiten zu beachten und es ist alles andere als trivial. Außerdem hätte ich wenig Lust, alles mehrmals wieder auseinander zu nehmen, weil ein Staubkörnchen oder feiner Fussel mit eingebaut wurde. Wer diesen Kampf in den Zeiten der Dunkelkammer selber erlebt hat, weiß, daß das Nerven kosten kann!

1. Eine universelle Kamera

Es ist möglich die Kamera universell einsetzbar zu erhalten. Nach dem Ausbau des Sperrfilters wird die Kamera zwar zur "Brillenträgerin" (soll heißen: vorne auf das Objektiv muß jetzt grundsätzlich immer ein Filter aufgeschraubt werden), aber man kann wählen, welche Eigenschaften man jeweils haben möchte:

  • Mit einem Neutralisationsfilter vor dem Objektiv wird der alte Zustand vor dem Entfernen des Sperrfilters wieder hergestellt. Die Kamera ist genauso einsetzbar wie vorher auch, nur mit dem Unterschied, daß der Sperrfilter jetzt vor dem Objektiv sitzt und nicht mehr unzugänglich vor dem Sensor.
  • Mit einem Schwarzfilter (also einem für Infrarotfotografie) wird das sichtbare Licht blockiert, das Infrarotlicht aber ungehindert zum Sensor durch gelassen.
  • Mit einem entsprechenden Filter sind sogar UV-Aufnahmen möglich, also am anderen Ende des Spektrums.

Das ist zweifellos eine attraktive Möglichkeit, mit derselben Kamera wahlweise ganz normale Fotografie zu betreiben oder Infrarot-Fotografie ohne die unsinnig langen Belichtungszeiten der nicht umgebauten Kameras. Ich hatte vor ein paar Jahren eine so modifizierte Kamera (die mir dann geklaut wurde…) und konnte mich gut damit anfreunden. Allerdings sollte man sich darüber klar sein, dass es unweigerlich drauf raus läuft, dass man sich eine sehr stattliche Anzahl von Filtern anschafft, wenn man weiter den ganen Objektivpark nutzen möchte. Das kostet einen stolzen Batzen Geld, mit dem man auch hätte eine reine IR-Kamera locker bezahlen können. Außerdem ist es eine dauernde Schrauberei, die schon lästig werden kann.

Die universelle Kamera ist eine Lösung, über die man ernsthaft nachdenken kann. Man sollte aber auch die Nachteile nicht übersehen.

2. Eine reine Infrarot-Kamera

Das wird dadurch erreicht, daß vor dem Sensor ein Longpassfilter (also Schwarzfilter) an der Stelle des früheren Sperrfilters fest eingebaut wird.

Welcher Filter?

Da man sich bei einem Umbau vom Typ 2 ja festlegt, sollte man vorher einen Gedanken drauf verschwenden, welchen Filter man einbauen läßt. Dabei trifft man nämlich auch eine nicht ganz unwichtige Entscheidung: Soll auch Farb-Infrarot möglich sein, oder möchte man ausschließlich SW-Infrarot fotografieren?

EXKURS:
Wie funktioniert Farb-Infrarot-Fotografie?

Im Grunde ist es eine reine Mogelpackung. Das Licht oberhalb des sichtbaren Bereichs hat natürlich gar keine Farbe, denn die entsteht ja erst im menschlichen Auge mit seinen drei Sorten Zäpfchen. Und für IR sind wir ja bekanntlich »blind«.

Das, was als "Farb-IR" verkauft wird, ist einfach eine reine IR-Aufnahme, zu der ein Rest sichtbaren Lichts dazu kommt. Je nachdem, welche Grenz-Wellenlänge der verwendete Filter hat, ist der Anteil sichtbaren Lichts eben etwas größer oder kleiner.

Es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass alle Farben vertreten sind,nur eben etwas "satter" oder blasser. Der am häufigsten verbaute Filter mit 700 nm lässt Infrarot ungehindert durch und vom sichtbaren Licht nur Rot-Töne. Dass trotzdem nachher z.B. ein blauer Himmel zu sehen sein kann, das ist Photoshop-Arbeit (der Kanaltausch nämlich).

Erst der nächste gängige Filter mit 630 nm lässt mehr Farbe durch (bis zu Orange-Tönen). Aber auch hier kommt ohne Bildbearbeitung nicht viel Tolles raus.

630 nm
Eine Ausarbeitung als Farb-IR von einer Aufnahme, die mit einem 630-nm-Filter gemacht wurde. Die Farben habe ich dabei ganz bewusst recht stark gesättigt. - Ob einem das gefällt, ist natürlich Geschmackssache.

Ein guter Kompromiss: 700 nm

700 nm
Eine Ausarbeitung als Farb-IR von einer Aufnahme, die mit einem 700-nm-Filter gemacht wurde. Wie intensiv die Farbe ist (hier vor allem das Himmelsblau) hängt natürlich viel von der Ausarbeitung ab. Der Rot-Ton aus dem 630-nm-Bild fehlt aber fast vollständig.

Der entscheidende Vorteil des 700-nm-Filters besteht aber gar nicht so sehr darin, dass man bei Bedarf auch noch recht farbkräftige IR ausarbeiten kann, sondern er liegt darin, dass der Wood-Effekt noch sehr gut ausgeprägt bleibt und deshalb nichts im Weg steht, um jederzeit die Bilder als reines SW-IR auszuarbeiten. Der Unterschied gegenüber 830 nm (reines IR ohne Anteil sichtbaren Lichts) ist kaum wahrnehmbar. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der 830-nm-Filter fast zwei Blendenstufen bei der Belichtung kostet, sollte die Entscheidung zwischen 700 / 830 nicht schwer fallen.

700 nm SW
Eine Ausarbeitung als SW-IR von einer Aufnahme, die mit einem 700-nm-Filter gemacht wurde.

Resümee:

Meiner Meinung nach kommt im Interesse des Gebrauchswertes nur eine umgebaute Kamera in Frage, denn nur mit einer solchen Kamera wird Infrarotfotografie in der Handhabung fast so selbstverständlich wie normale Fotografie. Wer diese Erfahrung einmal gemacht hat wird nicht mehr drauf verzichten wollen. Infrarot ist keine aufwändige Prozedur mit Stativ mehr, sondern Kamera ans Auge, Ausschnitt wählen und Druck auf den Auslöser. Man greift durch diese Mühelosigkeit viel öfter zur Infrarotkamera, was die fotografische Ausbeute deutlich erhöht.

Anbieter für den Kamera-Umbau in Deutschland: IRreCams und Optik Makario