Akt und Ruinen

Das ist ja schon lange mein bevorzugtes Thema, früher viel intensiver als heute. Oft kommen Fragen dazu und ich krieg zu hören: „Das Bild verstehe ich nicht.“

Ich will also mal etwas dafür tun, dieses Nicht-Verstehen aus der Welt zu schaffen.

Sinnsuche

Es gibt eine ganze Reihe Standardfragen, die mich – ehrlich gesagt – immer amüsieren. Beim hier gezeigten Bild wären die etwa folgender Art: Was macht das Modell hier in dieser Umgebung? Warum ist sie nackt? Wieso hat sie Handschuhe an? Und wieso trägt sie an so einem Ort Stöckelschuhe?

Erstaunlich finde ich dabei immer, daß der Fragende anscheinend ganz ernsthaft nach einem Sinn in dem ganzen Arrangement sucht. Ungefähr so, als wäre ich gerade vorbei gekommen, hätte entdeckt, Mensch, da steht ja eine Nackte – also schnell die Kamera gezückt und Feuer frei…

Aber nein. Er ahnt ja schon, daß es so nicht gewesen sein wird: „Fotograf und Modell, da steckt bestimmt was Geplantes dahinter. Der Fotograf ist bestimmt mit Absicht dort hin gegangen. Das war nicht nur Zufall. Und jetzt will ich alles haarklein erfahren, was er sich dabei gedacht hat!“

Erwartungen sind so eine Sache…

Ab und zu hat mich das auch verunsichert, ich geb das gerne zu. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis mir klar wurde, was da passiert:

Ich selber gehe gar nicht mit einer solchen Sichtweise an meine Aktfotografien heran. Warum sollte ich denn krampfhaft um einen großen „Inhalt“ bemüht sein, und wozu braucht so ein Bild denn unbedingt einen Sinn nach Art „normalen“ Verhaltens; also ein vernunftgeleitetes Handeln, das da erwartet wird?

Erst ganz allmählich ist mir klar geworden, daß ich so eine ruinenhafte Umgebung ja einfach als eine dekorative Kulisse empfinde, die im Grunde genauso gut mit viel Aufwand in einem entsprechend großen Studio aufgebaut sein könnte.

Bei einem Studiofoto werden die Requisiten ganz selbstverständlich als das gesehen, was sie nun mal sind: Staffage, die vielleicht eine gewisse Stimmung rein bringen oder verstärken soll, aber mehr nicht.

„Ruinenstudio“

Für mich erfüllt eine Fabrikruine tatsächlich den Zweck eines Studios. Ich verzichte drauf, meine Hintergründe und Requisiten aufzubauen. Ich mache mich auf und suche mir das aus, was mir als Umfeld atmosphärisch für meine Aktfotos gefällt. Alles ist schon fertig und wird nicht angetastet. Nichts wird „dekoriert“, und es wird auch nicht groß „aufgeräumt“. Und ich finde es auch nur konsequent, daß ich keine künstlichen Lichtquellen und auch keine Reflektoren einsetze. Nicht deshalb, weil ich das als „Sakrileg“ ansehen würde, sondern ich finde einfach, daß das vorhandene, oft sehr spärliche Licht eine herrlich gestaltbare Stimmung liefert, denn indem ich auf Feinheiten achte und ja auch selber entscheide, ob ich reichlicher oder knapper belichte, ist der verfügbare Spielraum meist riesengroß.

So ist mir mein „natürliches Studio“ die liebste Umgebung, die mir genau die Stimmungen liefert, die ich in einem Studio erst mühsam konstruieren müßte. Und dazu wäre ich, ganz ehrlich, auch einfach viel zu faul!

Ein Gedanke zu „Akt und Ruinen“

  1. Hallo Foto-Künstler,
    die dumme Fragerei hat sich durch die abstrakte Kunst eingebürgert und so mußte in Unsinn was Sinnvolles herbeigelabert werden . Wenn Man wie Du tolle Fotos macht, braucht man keine Erklärung :Guck einfach und was Du siehst stimmt – und basta!
    Weiter so tolle Fotos wunderbar !
    Viele Grüße
    Dirk

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