Welcher Typ Fotograf? (3)

Der Unersättliche

Eine Sorte Fotografen quält seine Umwelt schon seit langer Zeit; ich vermute, seit es Amateurfotografie gibt. Besonders gefürchtet war er schon immer durch seine viele Stunden langen Dia-Abende.

Er sitzt dem schlimmen Trugschluß auf, daß ein Foto in seiner Qualität und Interessantheit schon dadurch magisch wächst, daß es möglichst groß gezeigt wird – früher auf eine große Leinwand als Dia projiziert, heute dasselbe per Beamer.

Längst nicht alle gezeigten Fotos müssen dabei schlecht sein, aber er schafft es, durch exzessive Wiederholungen jeglichen Genuß beim Betrachten auszutilgen. Ein Sonnenuntergang am Meer mag ja durchaus Urlaubsgefühle erzeugen, und auch vier oder fünf sind akzeptabel, wenn sie eine Sequenz zeigen. Sein Problem ist aber, daß er so oft auf den Auslöser gedrückt hat, daß eine rigide Auswahl nötig wäre – nur, er findet ein Bild so schön wie das andere und kann sich doch beim besten Willen von keinem trennen! Also muß sein Publikum da eben durch…

Alles ist schneller geworden, die Fotografie nicht nur beim Druck auf den Auslöser. Waren früher wenigstens durch die Bildwechsel-Frequenz des mechanischen Diaprojektors und durch das Fassungsvermögen des Magazins gewisse Grenzen vorhanden, läßt der Fotograf von heute mit PC und Beamer diese Schranken weit hinter sich. Eine Festplatte ist ja soooo schön groß.

Zu einer speziellen Plage können da besonders Workshop-Fotografen ausarten, wenn sie viele Tausend Fotos gänzlich unaussortiert als automatisch generierte Slideshow ablaufen lassen. Stolz wie Oskar auf die tollen Modelfotos von der Stange sind oft nicht mal die aussortiert worden, wo ein Ellenbogen oder ein Kopf im Weg war oder ein anderer Fotograf halt im Eifer der Studioschlacht Sekundenbruchteile schneller die Blitzanlage ausgelöst hatte. Und daß die Augen grad halb zu waren, deshalb wirft man doch das Bild nicht weg.

Tatsache ist:

Schon früher zu Analog-Foto-Zeiten war es eine zeitraubende Arbeit, einigermaßen anspruchsvolle Diaschauen (vielleicht sogar mit Musik unterlegt) zu erstellen. Man konnte merken, ob einer sich Mühe gegeben hatte und sein Herzblut dran hing oder ob bloß ein Magazin nach dem andern „runtergenudelt“ wurde.

Heute machen aber etliche Amateurfotografen soviele Bilder, daß sie gar keine Chance mehr haben, in der begrenzt vorhandenen Freizeit eine sinnvolle Auswahl zu treffen – geschweige denn, die Bilder auch noch zu bearbeiten. Also greift man zum nächsten Viewer-Programm und klickt einen Ordner nach dem andern an, bloß um angesichts der monotonen Bilderflut Foto nach Foto in rasendem Wechsel durch zu jagen.

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